
© IMAGO/Panama Pictures/Christoph Hardt
Notrufsäulen und Unisex-Toiletten in Schulen: Diese 40 Maßnahmen gegen Queerfeindlichkeit soll Berlin umsetzen
Berlin plant eine „Landesstrategie für queere Sicherheit und gegen Queerfeindlichkeit“. Ein runder Tisch hat dazu Empfehlungen ausgearbeitet. Nun liegen erste Ergebnisse vor.
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Berlin soll sicherer für queere Menschen werden. Deshalb hat sich die schwarz-rote Landesregierung zu Beginn ihrer Amtszeit darauf verständigt, eine „Landesstrategie für queere Sicherheit und gegen Queerfeindlichkeit“ zu entwickeln und die Präventions- und Antigewaltarbeit zum Schutz queerer Personen auszubauen.
Nun liegen dazu erste Ergebnisse vor: Der Runde Tisch „Schutz vor queerfeindlicher Hasskriminalität“ hat am Freitag zahlreiche Empfehlungen beschlossen, wie die Sozialverwaltung mitteilte. 40 Maßnahmen finden sich in der Vorlage für den Senat. Damit endet ein langer Prozess: Laut Sozialverwaltung hatten mehr als 400 Menschen aus der Community sowie aus Behörden und Verwaltungen 17 Monate lang diskutiert und Ideen erarbeitet, wie der Zunahme von queerfeindlichen Angriffen in Berlin etwas entgegengesetzt werden kann.
Der Entwurf für die Landesstrategie sieht nun etwa vor, dass Betroffene von queerfeindlicher Gewalt mehr Unterstützung durch soziale und psychotherapeutische Angebote bekommen sollen. Zudem sollen Präventionsangebote ausgebaut werden, etwa Anti-Gewalt-Trainings für Täter.
Gefordert wird zudem eine bessere Vernetzung relevanter Akteure, etwa der Bezirksämter mit den Strafverfolgungsbehörden und der Community, unter anderem beim Thema häusliche Gewalt. Auch die Erfassung queerfeindlicher Straftaten soll verbessert werden, ebenso wie die Bearbeitung solcher Fälle. Eine Fachstelle soll Institutionen und Betroffene beraten, zum Beispiel bei queerfeindlichen Straftaten im Internet. Zudem soll sich der Senat auf Bundesebene dafür einsetzen, dass Social-Media-Plattformen dazu verpflichtet werden, queerfeindliche Inhalte zu löschen.
Notrufsäulen geplant, mehr Sicherheit in Bussen und Bahnen
Ausgebaut werden soll des Weiteren die Sicherheit an Orten, an denen queeres Leben stark sichtbar ist. Genannt wird unter anderem die Einrichtung von Notrufsäulen. Auch der Einsatz einer digitalen Hilferuf-App, über die Geschädigte Kontakt mit Rettungsdiensten und Polizei aufnehmen können, soll geprüft werden – etwa für Großveranstaltungen wie den Christopher Street Day.
Auch Busse und Bahnen sollen für queere Menschen durch mehr Polizei und Sicherheitspersonal, das im Umgang mit Queerfeindlichkeit geschult ist, sicherer werden – insbesondere an Haltestellen mit besonderer Relevanz für queere Menschen. Zudem fordert der Runde Tisch eine Verlängerung der Speicherdauer der Aufzeichnungen von Videokameras in Bussen und Bahnen auf 96 Stunden.
Geschlechtsunspezifische Toiletten und Umkleiden in Schulen
In Kinderschutz- und Gewaltschutzkonzepten an Schulen soll Queerfeindlichkeit als Thema verankert werden. Werden Schulen neu gebaut oder saniert, sollen verpflichtend geschlechtsunspezifische Toiletten und Umkleiden eingerichtet werden. Zudem soll eine Handreichung erarbeitet werden, wie Umkleide-, WC- und Duschbereiche der Berliner Sportanlagen so umgestaltet werden können, dass sie die Sicherheit queerer Personen möglichst gut gewährleisten. Für Betroffene von queerfeindlicher Gewalt und Diskriminierung im Sport soll es eine Anlaufstelle geben.
Zudem soll das Angebot von Schutzwohnungen und Notunterkünften speziell für queere Jugendliche ausgebaut werden. Geflüchtete Menschen sollen besser vor Queerfeindlichkeit geschützt, Mitarbeitende der Migrationsbehörden sowie von Geflüchtetenunterkünften dafür besser fortgebildet werden.
Das erarbeitete Papier mit allen Vorschlägen geht nun in die Ressortabstimmung zwischen den Senatsverwaltungen. Im Anschluss soll der Senat über die Empfehlungen abstimmen. Ob und wie viel Geld es für einzelne Maßnahmen gibt, ist noch offen. Das muss das Abgeordnetenhaus im Zuge der Haushaltsberatungen entscheiden. Zuletzt hatten CDU und SPD in der queeren Community für Verunsicherung gesorgt, weil Mittel für Projekte gekürzt wurden.
Für Berlins Queerbeauftragten Alfonso Pantisano, der den Runden Tisch geleitet hatte, ist der Entwurf trotzdem bereits ein Erfolg. Er bezeichnete die Empfehlungen als Plan, „wie unsere Regenbogenhauptstadt Berlin queeres Leben besser schützen kann“. Das sei wichtig in Zeiten, in denen die Queerfeindlichkeit weltweit zunehme und die Community vielfältigen Angriffen ausgesetzt sei. „Gerade in diesen Zeiten bin ich stolz und dankbar, dass wir ein deutliches Signal in die Republik senden: Die Sicherheit und die Grundrechte queerer Menschen sind nicht verhandelbar, sie zu schützen ist staatlicher Auftrag“, teilte Pantisano mit.
Berlin nehme damit eine Vorreiterrolle ein – bislang gebe es weder auf Bundes- noch auf Landesebene eine vergleichbare Strategie.
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