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Erinnerung an eine ermordete trans Person in Athen.

© IMAGO/NurPhoto

Transgender Day of Remembrance: Zahl der Morde an trans Menschen wieder gestiegen

Der aktuelle Bericht des Trans Murder Monitor Projects weist weltweit 350 getötete trans Personen im vergangenen Jahr aus. Die meisten waren Schwarze trans Frauen.

Stand:

Trans Menschen als potenzielle Aggressor*innen – dieses angebliche Bedrohungsszenario ist auch in der Debatte um das deutsche Selbstbestimmungsgesetz immer wieder beschworen worden. Vor allem trans Frauen wird dabei unterstellt, unter dem Vorwand ihrer Transidentität in Frauenräume eindringen zu wollen, um dort übergriffig gegen cis Frauen zu werden.

Dass es keines solchen Vorwandes bedarf, um Frauen anzugreifen, beweisen schon die erschreckenden Zahlen von Femiziden und versuchten Femiziden – fast immer sind hier cis Männer die Täter.

Wie perfide und falsch das Narrativ von den übergriffigen trans Frauen ist, zeigt aber auch eine andere Zahl: Von den im vergangenen Jahr weltweit registrierten Morden an trans Menschen stellen trans Frauen mit 94 Prozent die große Mehrheit der Opfer.

Insgesamt wurden im jährlichen Report des Trans Murder Monitoring Projects 350 getötete trans Personen erfasst. Recherchiert wurden diese Zahlen, die zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2024 erhoben wurden, von der Non-Profit-Organisation TGEU (Trans Europe and Central Asia), die über 200 Mitgliedsorganisationen in mehr als 50 Ländern repräsentiert.

Seit dem Jahr 2008 zählt die TGEU die Morde an trans Personen, wobei die aktuelle Zahl in die Top drei der Schreckensstatistik kommt: 2021 wurde die Höchstzahl von 375 gemessen, 2017 waren es 369 Morde an trans Personen und 2020 genau wie aktuell 350, was einen Anstieg um 29 Fälle zum Vorjahr markiert.

Brasilien liegt wieder an der Spitze der Statistik

An die Todesopfer transfeindlicher Gewalt wird seit 1999 am 20. November erinnert. Dieser Transgender Day of Remembrance wurde ein Jahr nach der Ermordung der afroamerikanischen trans Frau Rita Hester von der trans Anwältin Gwendolyn Ann Smith initiiert.

Und leider gibt es jedes Jahr wieder viele Opfer zu beklagen, wobei Lateinamerika und die Karibik aus der Statistik herausstechen: Mit 70 Prozent der weltweiten Morde an trans Personen liegt die Region weit vorn. Brasilien ist dabei zum 17. Mal in Folge an der Spitze der Liste zu finden, ein Drittel aller Morde fanden dort statt. In Europa gab es in diesem Jahr mit acht Fällen halb so viele wie im Vorjahr, während die Zahl der Fälle in den Vereinigten Staaten von 31 auf 41 stieg.

Deutschland hatte im Erhebungszeitraum kein trans Todesopfer zu beklagen. In der Hauptstadt gab es laut Berliner Polizei im Jahr 2023 jedoch 35 und im laufenden Jahr 32 Gewalttaten im Bereich der „geschlechtsbezogenen Diversität“, wozu neben trans auch nicht-binäre und inter Personen zählen.

Die meisten Opfer waren dem TGEU-Bericht zufolge Schwarze und PoC-Frauen sowie Sexarbeiterinnen. Fast die Hälfe von ihnen (46 Prozent) starb durch eine Schusswaffe. 34 Prozent wurden auf der Straße umgebracht, 22 Prozent in ihrer eigenen Wohnung.

Die Daten des Trans Murder Monitoring erfassen allerdings nicht alle gemeldeten Fälle weltweit, da nicht jedes genderdiverse oder trans Opfer auch als solches ausgewiesen wird. „Viele Fälle werden nicht oder falsch gemeldet“, heißt es in dem Report, der Misgendering als einen Grund hierfür nennt.

Auch ist die Erfassung der Daten, die meist über LGBTIQ-Organisationen läuft, nicht in allen Ländern gleich gut ausgebaut. Doch weil das Monitoring des Projekts erweitert wurde, konnten für den aktuellen Report erstmals Fälle in Burkina Faso, der Elfenbeinküste, Namibia, Nigeria und Syrien registriert werden.

Das ist ein ebenso trauriger wie wichtiger Fortschritt. So haben am Transgender Day of Remembrance mehr Opfer einen Namen.

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