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NDR-Intendant Joachim Knuth sieht die Notwendigkeit eines kulturellen Wandels in Führung und im redaktionellen Miteinander.

© dpa / Foto: Jens Büttner

Update

Nach Prüfungsbericht zum NDR-Landesfunkhaus Schleswig-Holstein: Zwei Führungskräfte bekommen neue Aufgaben

Chefredakteur Norbert Lorentzen und Politikleiterin müssen Landesfunkhaus in Kiel verlassen.

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Nach Vorwürfen beim NDR in Kiel gibt es für zwei redaktionelle Führungskräfte personelle Konsequenzen. Landesfunkhausdirektor Volker Thormählen äußerte sich am Mittwoch: Wegen verloren gegangenen Vertrauens habe er Chefredakteur Norbert Lorentzen und Politik-Leiterin Julia Stein mitgeteilt, „dass ich nicht weiter mit ihnen zusammenarbeiten werde. Ich werde mich mit Unterstützung der Geschäftsleitung darum kümmern, dass beide neue Aufgaben außerhalb des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein erhalten werden.“ Lorentzen und Stein hatten bereits vor einiger Zeit darum gebeten, sie inmitten der ungeklärten Vorwürfe bis auf Weiteres von ihren Aufgaben zu entbinden.

Nach NDR-Angaben hatte Intendant Joachim Knuth zudem Thormählen gebeten, seine Arbeit als Direktor nach Beendigung des unbezahlten Urlaubs wieder aufzunehmen und zu skizzieren, wie er die Probleme in Teilbereichen des Landesfunkhauses in den Griff bekommen wolle.

Interne Aufarbeitung gilt als abgeschlossen

Die interne Aufarbeitung zu den Vorwürfen gegen das NDR Landesfunkhaus Schleswig-Holstein ist abgeschlossen. NDR Intendant Joachim Knuth hatte die Prüfung in Auftrag gegeben; Carsten Löding (Redaktionsleiter der Hauptnachrichtensendung „NDR Info 21:45“) und Thomas Berbner (Redaktionsleiter ARD-Zulieferung) legten am Dienstag ihren Bericht vor.

Danach konnten die beauftragten Journalisten keine Belege für einen „politischen Filter“, sprich einen „Rechtsdrall“ zugunsten der regierenden CDU im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein finden, heißt es in einer NDR-Pressemitteilung. Was der Prüfbericht aber als wesentliches Problem in einigen Bereichen des Landesfunkhauses konstatiert: ein gestörtes Redaktionsklima, das in Teilen von mangelnder Kommunikation und fehlendem Vertrauen geprägt ist.

Keine Verletzung journalistischer Prinzipien

NDR-Intendant Joachim Knuth bilanzierte: „Diese interne Aufarbeitung liefert keine Hinweise darauf, dass im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein journalistische Prinzipien verletzt wurden. Sie zeigt, dass die erhobenen Vorwürfe in Teilen haltlos sind. Sie zeigt aber auch, dass wir dringend einen kulturellen Wandel in Führung und redaktionellem Miteinander brauchen, um Vertrauen zurückzugewinnen.“

Prüfer Thomas Berbner sagte, „wir haben im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein keine Belege für einen angeblichen ‘politischen Filter’ gefunden. Es gab einzelne Entscheidungen, die auch wir im Nachhinein kritisch sehen. Aber selbst in der Redaktion hat eine große Mehrheit mit diesem Begriff gar nichts anfangen können. Die Debatte dazu hat das Redaktionsklima im Landesfunkhaus schwer belastet.“

Das NDR-Prüfteam führte nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen mehr als 60 persönliche Gespräche mit Beteiligten, außerdem gab es telefonische Befragungen und Videoschalten. Auch sechs schriftliche Stellungnahmen wurden ausgewertet. Das „wesentliche Problem“ sei ein „gestörtes Redaktionsklima“ in Teilen des Landesfunkhaus, fasste Prüfer Carsten Löding das Ergebnis zusammen.

Durch Medienberichte war vor Wochen die Frage aufgekommen, ob es bei der Politik-Berichterstattung eine Art Filter durch die Vorgesetzten gegeben haben könnte. Dabei ging es beispielsweise um ein Interview, das ein NDR-Journalist habe führen wollen, was seine Vorgesetzten aber abgelehnt hätten. Führungskräfte und Sender wiesen Vorwürfe eines „politischen Filters“ zurück.

Der Fall führte bereits zu personellen Konsequenzen: Der Kieler Landesfunkhausdirektor Volker Thormählen hat unbezahlten Urlaub genommen. Der Chefredakteur in Kiel, Norbert Lorentzen, und die Politik-Verantwortliche Julia Stein hatten darum gebeten, sie bis auf weiteres von ihren bisherigen Aufgaben zu entbinden.

Externe Analyse kommt noch

Der NDR eigene Prüfbericht ist unabhängig von der noch ausstehenden externen Aufarbeitung des Sachverhalts, die vom NDR Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein beauftragt ist. Die Vorsitzende des Landesrundfunkrates Schleswig-Holstein, Laura Pooth, sagte denn auch, „in diesem Zusammenhang kommt der anstehenden Untersuchung des Prüf- und Beratungsunternehmens Deloitte eine besondere Bedeutung zu. Ich halte einen Blick von außen und eine umfassende externe Analyse nach wie vor für sehr wichtig und geboten, um verloren gegangenen Vertrauen wiederherzustellen.“

Auch im NDR-Landesfunkhaus Hamburg rumort es. Hintergrund ist ein Bericht des Online-Mediums „Business Insider“. Er warf die Frage auf, ob Direktorin Sabine Rossbach ihren Job dafür genutzt haben könnte, Familienmitgliedern Vorteile zu verschaffen, was zum Teil auch das Programm betroffen haben könnte. Rossbach und der Sender hatten dies zurückgewiesen. Zugleich hatte der NDR bekannt gemacht, dass ein Aspekt Gegenstand einer Prüfung durch die Anti-Korruptionsbeauftragte des Senders sei. Rossbach lässt vorerst ihre Tätigkeit ruhen.

Sabine Rossbach, Direktorin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg, zieht sich von ihrem Posten zurück.

© dpa / Foto: MARCUS KRÜGER

Die Vorwürfe beim NDR fallen in eine Zeit, in der auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) stark unter Druck ist. Dort gab es bereits vor den NDR-Fällen bislang ungeklärte Vorwürfe der Vetternwirtschaft und des Filzes gegen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger und den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf, die beide zurückwiesen. Auch im RBB-Fall laufen derzeit Untersuchungen. Dabei ermittelt auch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegen Schlesinger, Wolf und Schlesingers Ehemann wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme.

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