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Flugreisen: Fensterplatz garantiert

Gewitzte Fluggäste reservieren Sitze vorab, damit es keine Enttäuschung gibt.

Eine vierköpfige Familie kommt reichlich spät am Flughafen an und will für ihre Urlaubsreise nach Lanzarote einchecken. Sitze direkt nebeneinander sind nicht mehr verfügbar, daher bringt das Flughafenpersonal Vater, Mutter, Sohn und Tochter in vier verschiedenen Reihen unter. Lautstark protestieren die Eltern – ohne Erfolg. „Hätten Sie vorher Plätze reserviert, wäre das nicht passiert“, lautet der Kommentar eines Mitarbeiters am Schalter – etwas spitz vorgetragen zwar, in der Sache jedoch korrekt.

Fälle wie diesen gibt es immer wieder. Das liegt auch daran, dass Urlauber zunehmend den Rat der Schalterkraft beherzigen und schon lange vor dem Abflug festlegen, auf welchem Platz in der Maschine sie sitzen werden: Air Berlin, Condor und Tuifly beobachten bei den Sitzplatzreservierungen allesamt eine steigende Tendenz. Germanwings bietet den Service erst seit April an, doch auch bei dem Billigflieger aus Köln übertrifft die Nutzung bisher die Erwartungen, sagt Firmensprecherin Angelika Schwaff: „Etwa zehn Prozent unserer Kunden reservieren sich ihren Sitzplatz bereits bei der Buchung.“ Bei den Ferienfluggesellschaften, die mit dem Thema schon länger Erfahrungen sammeln, liegen die Anteile höher: Etwa 20 Prozent sind es zum Beispiel bei der Condor, sagt Sprecherin Nina Kreke in Oberursel. Tuifly-Sprecher Jan Hillrichs in Langenhagen bei Hannover nennt als Richtgröße „rund ein Drittel“.

Die Reservierung kostet zwar für viele Gäste eine Zusatzgebühr: Germanwings verlangt fünf Euro pro Reservierung, andere Gesellschaften nehmen neun bis zehn Euro, bei Langstreckenflügen zum Teil auch mehr. Doch manchmal gibt es Gründe, das Geld gerne zu zahlen: Manche Passagiere wollen sicherstellen, dass sie nebeneinander, am Fenster oder am Gang sitzen, so Kreke. Und Geschäftsreisende hätten oft den Wunsch, vorne in der Maschine zu sitzen, um am Ziel rasch aussteigen zu können.

Durch einen kleinen Trick können Urlauber die Zusatzgebühr aber eventuell umgehen – und sich ihren Platz trotzdem schon vor der Fahrt zum Flughafen selbst aussuchen. Denn auch beim Web-Check- in, also dem Einbuchen ins Airline-Datensystem am eigenen Rechner samt Ausdrucken der Bordkarte, wird ein fester Sitzplatz zugewiesen. Reisende sollten prüfen, ob es diesen Service auch für ihre Flugstrecke gibt, wenn sie ihren Platz selbst wählen und dabei Geld sparen möchten.

Dies ist zwar nicht schon Monate im Voraus möglich, aber immerhin etliche Stunden vor dem Abflug: Bei Tuifly und Air Berlin beginnt der kostenlose Web- Check-in 30 Stunden vor dem Start jeder Maschine, bei Germanwings 24 Stunden vorher. Daneben ermöglicht Air Berlin seit kurzem auf einigen Strecken eine solche Sitzplatzreservierung per SMS vom Handy, wenn bereits bei der Buchung eine entsprechende Option angeklickt wurde. Lediglich Condor bietet gar keinen Web-Check-in an.

Besondere Regeln gelten manchmal für Passagiere, die ihr Ticket nicht direkt bei der Fluggesellschaft, sondern als Teil eines Paketes über einen Reiseveranstalter gebucht haben. Bei Germanwings können diese Passagiere nicht reservieren und bekommen ihren Platz immer erst am Flughafenschalter zugewiesen. Die Condor dagegen eröffnet allen Veranstaltern die Möglichkeit, Reservierungen vorzunehmen – die Gebühr zahlen die Touristen. Eine Ausnahme sind Kunden von Thomas Cook Reisen, bei denen die Reservierung eine Inklusivleistung ist.

Air Berlin wiederum lässt Reservierungen von Veranstaltergästen zu, indem auch diese Passagiere sich an das Service-Call-Center der Fluggesellschaft wenden dürfen, sagt Sprecherin Nadine Bernhardt. Ebenso hat es Tuifly geregelt – allerdings werden hier Gäste des Veranstalters Tui aus Hannover bereits bei der Buchung nach einem Sitzplatzwunsch gefragt.

Und was passiert, wenn vor lauter Urlaubsvorfreude niemand an die Reservierung gedacht hat, so dass Familien beim Einchecken dann doch auseinandergerissen werden? Einen Rechtsanspruch darauf, direkt neben ihren Kindern zu sitzen, haben selbst die Eltern von Fünf- und Achtjährigen nicht, hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden (Aktenzeichen: 50 C 18568/01). Jeder, der ohne Reservierung zum Schalter kommt, müsse damit rechnen, dass die Sitzplätze „in der Reihenfolge des Eincheckens vergeben werden“. Wer dann nicht auf Michail Gorbatschows Weisheit vom Zuspätkommenden verwiesen werden möchte, muss also möglichst früh am Flughafen ankommen und so versuchen, sich den Wunschplatz zu sichern.

Christian Röwekamp

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