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Letztes Wochenende Amsterdam, dieses Wochenende Berlin: Queere Menschen kämpfen um Sichtbarkeit und Anerkennung.

© IMAGO/ANP/IMAGO/Ramon van Flymen

Straftaten nehmen deutlich zu: Queeres Leben in Deutschland unter Druck

Die Zahlen der Kriminalstatistik sind alarmierend, doch es gibt auch Signale, die Hoffnung machen. Wie steht es um das queere Leben in Deutschland? Ein Überblick in Infografiken.

Stand:

Wie viele Menschen in Deutschland queer sind, ist gar nicht leicht zu bestimmen. In einer von „Statista“ durchgeführten Studie zur sexuellen Orientierung aus dem vergangenen Jahr zeigten sich große Unterschiede zwischen den Generationen.

Während sich in der Generation Z rund neun Prozent der Befragten als homo- oder bisexuell und weitere drei Prozent als pan- oder asexuell identifizierten, gaben in der Generation der Boomer nur rund zwei Prozent an, homosexuell zu sein.

Der Grund für diese großen Unterschiede dürfte wohl vor allem im Outingverhalten liegen. Jüngere Menschen scheinen eher bereit, offen über ihr Queer-Sein zu sprechen. Sie profitieren von den rechtlichen und gesellschaftlichen Fortschritten, die die queere Emanzipationsbewegung erreicht hat. Die Stigmatisierung, die ältere Generationen erlebten, ist dadurch geringer geworden.

50.000
Kinder leben in Deutschland in Regenbogenfamilien

Laut Mikrozensus von 2024 gibt es in Deutschland inzwischen rund 31.000 sogenannte Regenbogenfamilien, also gleichgeschlechtliche Paare, die mit Kindern unter 18 Jahren in einem Haushalt wohnen. Rund zwei Drittel der Regenbogenfamilien sind lesbische Paare, rund ein Drittel schwule. Insgesamt leben in solchen Familien rund 50.000 Kinder.

Adoptionen von Kindern durch homosexuelle Paare sind aber nach wie vor recht selten. Etwas über 100 Kinder wurden 2024 in Regenbogenfamilien adoptiert, leibliche Kinder eines der Partner ausgenommen. Insgesamt gab es in Deutschland 2024 3662 Adoptionen.

Die Akzeptanz nimmt zu – queerfeindliche Straftaten allerdings auch

Die gesellschaftliche Akzeptanz für die queere Community ist im Vorjahresvergleich gestiegen. Dies ergab der „Ipsos Pride Report“. 78 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle vor Diskriminierung geschützt werden sollen, in Bezug auf trans Personen sagen dies 75 Prozent der Befragten; in beiden Fällen ein Anstieg um rund fünf Prozentpunkte gegenüber der Erhebung von 2024.

Der Nährboden für Queerfeindlichkeit ist auch Unwissenheit.

Sophie Koch, Queer-Beauftragte der Bundesregierung

Diese Zahlen können in Zeiten eines zunehmenden Kulturkampfes aber auch Ausdruck eines gewachsenen Bewusstseins um bestehende Diskriminierungen und Gefährdungen sein.

Die Ehe für alle befürworten laut derselben Befragung 71 Prozent der Befragten, gleiche Rechte bei Adoptionen 74 Prozent. Die Werte sind im Vorjahresvergleich konstant.

Gleichzeitig ist aber die Zahl erfasster queerfeindlicher Straftaten über die letzten Jahre konstant gestiegen, zuletzt deutlich. 1785 Delikte waren es im Jahr 2023, die meisten davon Beleidigungen (32 Prozent) und Gewalttaten (18 Prozent). Das geht aus Zahlen des Bundeskriminalamtes hervor.

Die tatsächliche Anzahl dürfte weit höher liegen, viele Betroffene zeigen die Täter nicht an. Der Zuwachs dürfte zum Teil aber auf ein gestiegenes Bewusstsein und höhere Meldequoten zurückzuführen sein.

Besonders stark sind trans Menschen von Ressentiments betroffen. In der „Leipziger Autoritarismus-Studie“ stimmte rund die Hälfte der Befragten der Aussage zu, in Deutschland übertrieben es viele mit ihrer Toleranz gegenüber transgeschlechtlichen Personen.

37 Prozent der Deutschen haben, so die Autoren der Studie, ein geschlossen transfeindliches Weltbild. Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Anhängerinnen und Anhängern der Parteien: Bei den Grünen sind es besonders wenige, bei der AfD besonders viele. Unter den SPD-Anhängern sind transfeindliche Einstellungen etwas verbreiteter als in der Anhängerschaft der Unionsparteien.

Einer der Menschen, die diese Einstellungen und die mit ihnen verbundenen Straftaten zurückdrängen wollen, ist Sophie Koch, die Queer-Beauftragte der Bundesregierung. „Ein zentraler Aspekt ist hier Aufklärungs- und Bildungsarbeit. Der Nährboden für Queerfeindlichkeit ist auch Unwissenheit. Wenn man die verkleinert, kann man vielleicht verhindern, dass Menschen queerfeindlichen Ideologien folgen“, sagte die SPD-Politikerin im Interview mit dem Tagesspiegel.

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