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Kinder sind die Zukunft, aber wen kümmert das?: Der Fachkräfte-Mangel in Kitas ist Raubbau an der ganzen Gesellschaft
Der Nachwuchs ist das Fundament der Gesellschaft. Er sollte gehegt und gepflegt werden. Das passiert aber nicht. Es ist verrückt.

Stand:
Es ist immer wieder frappierend, wie nachlässig hierzulande der Nachwuchs hierzulande behandelt wird. Und das sogar angesichts anhaltender Alarmmeldungen über zu geringe Geburtenraten. In anderen Bereichen würde ein Mangel zu mehr Sorgfalt im Umgang mit dem Vorhandenen führen. Aber das ist bei Kindern aus schwer nachzuvollziehenden Gründen nicht der Fall.
Der nächste Beleg für die bedauerliche Achtlosigkeit ist die Bertelsmann-Studie zur Quote von Fachpersonal in Kitas, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Der zufolge verfügt nur noch jede dritte Kita über genügend qualifizierte Mitarbeitende. Jede dritte heißt, bei Kita eins reicht’s, bei Kita zwei und drei nicht mehr. Was für eine Quote!
Im besten Fall ist das nicht so schlimm, weil ein stabiles Umfeld die Kinder vernünftig absichert, erzieht, motiviert, stützt, frühkindlich angemessen bildet.
Aber wie sieht es mit allen anderen Fällen aus? Die vielen Familien, die eben solche fördernden, stützenden und motivierenden Rahmenbedingungen nicht selbst bieten können? Und das sind jetzt schon nicht wenige, und es werden im Zweifel mehr.
Zumal in einer zunehmend auch von Zuwanderungs- und Flüchtlingsbiografien oder auch bildungsfernen Herkünften geprägten Gesellschaft. Da reicht es nicht, wenn in Kitas nur das Klötzchenstapeln beaufsichtigt wird. Da braucht es auch Fachkräfte, die Spracherwerb und sonstige frühkindliche Lernschritte steuern und begleiten können.
Erst dann haben Kinder aus den „nicht-idealen“ Familien in den Kitas des Landes die Chance, ihre Startbedingungen davon unabhängig zu verbessern. Das ist wichtig für Aufstiegschancen und ein Gerechtigkeitserleben.
Aber das ist gefährdet, wenn in den Kitas die Fachkräfte fehlen. Und darum ist eine Meldung wie die aktuelle keine Kleinigkeit, auch wenn manche Kritiker den Bertelsmann-Autoren eine Fixierung auf die Fachkräfte zuschreiben. Die Meldung ist ein Gongschlag, und man kann nur hoffen, dass der gehört wird und nachhallt.

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Die Kinder von heute dürfen für die Politik nicht die kreischenden Schmutzfinken auf dem Spielplatz sein, wie sie mancher vor Augen haben mag, sondern sie müssen als die Zukunft des Landes gesehen werden. Sie gehören in den Mittelpunkt des politischen Denkens und Handelns. Es ist verrückt, dass sich das nicht verankern lässt.
Die Studien-Autoren der Bertelsmann-Stiftung haben als Gründe für den Fachkräftemangel allgemeine Personalprobleme und Kostendruck angegeben. Und ja: Personal kommt nicht aus dem 3D-Drucker, das muss man finden und binden, und das kostet im Zweifel Geld, was manche Kommunen, Städte, Landkreise lieber anders ausgeben oder eben nicht aufbringen können oder wollen.
Da muss eben, wenn es nicht anders geht, der milliardenschwere Bund mehr, dauerhafter und langfristiger Geld bereitstellen, als die bisherigen je kurzfristigen Initiativen aus dem Kita-Qualitätsgesetz es vorsehen.
Aus der Not heraus wird inzwischen in einigen Kommunen frisch eingewandertes Kita-Personal aus dem Ausland eingestellt, das kaum die nötigsten Deutschkenntnisse nachweisen kann. Das ist ebenfalls ein Aushöhlen des Fundaments, auf dem diese Gesellschaft steht.
Da sind Kinder mit Pech abgehängt und chancenlos, bevor sie zum ersten Mal ihren Fuß in eine Schulklasse gesetzt haben. Das geht nicht, weil es eine Gemeinheit den Kindern gegenüber ist.
Und es geht auch aus ganz eigennützigen Überlegungen einer alternden Gesellschaft nicht, die auf die Leistungsfähigkeit der nachwachsenden Generationen angewiesen ist.
Fehlendes Geld oder Kostendruck sind da kein überzeugendes Argument mehr. Jeder Euro, der heute gut in frühkindliche Bildung investiert wird, kommt x-fach zurück. Natürlich nicht im Laufe einer Legislaturperiode, aber im Laufe einer Generation. Das ist eine Verpflichtung – für die Gesellschaft und die Politik.
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