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„Zeit für neue Silvestertraditionen“: Ärztekammer-Präsident fordert Verbot von privatem Feuerwerk
Für Millionen gehört die Knallerei zum Jahreswechsel dazu. Reinhardt verweist auf schlimme Folgen für viele Menschen sowie Gefahren für Einsatzkräfte – und nimmt die Politik in die Pflicht.
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Knaller, Böller und Raketen: Das Millionengeschäft mit der Jahreswechsel-Pyrotechnik ist angelaufen. Pyrotechnik für die Neujahrsnacht darf an den letzten drei Werktagen des Jahres über den Ladentisch gehen. Zum Verkaufsstart von Silvester-Feuerwerk hat Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt die Politik in Bund und Ländern aufgefordert, ein Verbot des privaten Pyrotechnik-Gebrauchs auf den Weg zu bringen.
„Dieses Thema muss endlich angegangen und auf die Tagesordnung der nächsten Innenministerkonferenz gesetzt werden“, erklärte er am Samstag per Mitteilung. „Bleibt die Politik weiter untätig, trägt sie mit dazu bei, dass sich Jahr für Jahr Tausende Menschen durch Silvester-Feuerwerk verletzen und mitunter Ärztinnen und Ärzte, Rettungs- und Ordnungskräfte mit Knallkörpern bedroht oder tätlich angegriffen werden.“
Gerade Verletzungen an Augen und Ohren häufen sich in der Silvesternacht.
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer
Der fahrlässige und alkoholisiert beeinträchtigte Umgang mit Böllern und Raketen führe zu teils schweren Verletzungen und belaste die ohnehin hoch frequentierten Notaufnahmen der Kliniken.

© dpa/Henning Kaiser
„Gerade Verletzungen an Augen und Ohren häufen sich in der Silvesternacht“, betonte der Bundesärztekammer-Präsident. Besonders erschreckend sei auch, dass viele Kinder und Jugendliche zu Opfern würden. Zudem litten Menschen mit Atemwegserkrankungen, Schwangere und Menschen mit (Kriegs-)Traumata unter dem Lärm, den Explosionen und der Umweltverschmutzung durch die Feuerwerkskörper.
Haus- und Wildtiere seien ebenfalls stark beeinträchtigt. Ein privates Böller-Verbot fordern auch Umwelt- und Tierschutzorganisationen.
Das zeitweilige Böller-Verkaufsverbot während der Corona-Pandemie habe gezeigt, so Reinhardt, dass die Gefahren durch entsprechende Regelungen deutlich reduziert werden konnten, betonte der Ärztekammer-Präsident. In Hamburg gab es demnach Silvester 2020 nur etwa ein Drittel der Noteinsätze aus dem Vorjahr; in Berlin sank die Zahl der Einsätze von 1523 auf 862.
Reinhardt betonte: „Niemand möchte den Menschen die Möglichkeit nehmen, Silvester ausgelassen zu feiern.“ Er schlägt als Alternative zur „privaten Böllerei“ zentral organisierte Feuerwerke oder Drohnen- und Lasershows vor. „Es ist an der Zeit, neue Silvestertraditionen zu begründen, um friedlich und sicher ins neue Jahr zu starten.“
Eine epd-Umfrage hatte im Dezember ergeben, dass einige Kommunen sich mehr Befugnisse wünschen, um das Böllern zum Jahreswechsel in geordnete Bahnen zu lenken. Großstädte wie Berlin, Köln, Hamburg, München oder Stuttgart haben temporäre Verbotszonen ausgewiesen.
Der Deutsche Städtetag fordert eine Ermächtigungsgrundlage, um privates Feuerwerk im öffentlichen Raum einfacher beschränken zu können. Bislang müssen dafür explizit eine besondere Gefahrenlage oder eine außergewöhnliche bauliche Situation gegeben sein.
Die Verordnung zum Sprengstoffgesetz sieht vor, dass bundesweit an Silvester und Neujahr Kleinfeuerwerk von jedem Menschen ab 18 Jahren abgebrannt werden darf. In unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie „besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen“ ist Böllern aber grundsätzlich verboten. (lem)
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