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Ein Mann joggt im Herbst eine Allee entlang.

© IMAGO/imageBROKER/Arnulf Hettrich

Als Ergänzung zur Behandlung: Wie Sport gegen Depressionen helfen kann

Wer unter einer Depression leidet, dem fällt es oft schwer, überhaupt etwas zu unternehmen. Doch Bewegung kann für Verbesserung sorgen. Wie das geht und welche Sportarten besonders wirksam sind.

Von Carla Benkö

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Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland. Behandeln lassen sie sich mit Psychotherapie, Medikamenten – und Bewegung. Körperliche Aktivität kann dazu beitragen, depressive Beschwerden zu lindern, das ist wissenschaftlich erwiesen.

Gleichzeitig fällt es den meisten Erkrankten extrem schwer, sich aufzuraffen und aktiv zu sein – diese Art der Antriebslosigkeit ist ein häufiges Symptom von Depressionen. Aber: Vom Nichtstun wird es nicht besser. Sport und Bewegung sind oft fester Bestandteil der Depressionstherapie in einer Klinik, aber auch in ambulanten Programmen, sagt Jens Kleinert, Professor für Sport- und Gesundheitspsychologie und derzeit Leiter des Psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln.

Sport kann die emotionale Leere zumindest teilweise durchbrechen.

Jens Kleinert, Psychologe

Für die positive Wirkung von Sport bei Depressionen sind laut Kleinert vor allem vier Faktoren verantwortlich:

1. Aktiver werden

Sport und regelmäßige Bewegungsaktivität helfen dabei, Müdigkeit und Antriebslosigkeit zu reduzieren. „Depressive Menschen fühlen sich vitaler, wacher und aktiver“, sagt Kleinert. Sie seien dadurch besser in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen.

2. Gefühle erleben

An Depressionen Erkrankte empfinden oft eine emotionale Leere, so der Psychologe. „Sport kann dies häufig zumindest teilweise durchbrechen.“ Denn je nach Sportart werden viele verschiedene Emotionen angesprochen, etwa wenn man sich verbessert, gewinnt, verliert oder gemeinsam mit anderen Sport treibt.

3. Sich selbst positiver wahrnehmen

Betroffene haben auch Probleme mit ihrem Selbstwert- und dem eigenen Körpergefühl. Sport und Bewegung helfen dagegen: „Sie lernen Neues oder verbessern ihre Fähigkeiten, zum Beispiel Kraft, Beweglichkeit oder Ausdauer. Der Körper wird dadurch positiv erlebt und eine positive Entwicklung wahrgenommen, was das Selbstwertgefühl steigert“, sagt Kleinert.

4. Gemeinschaft erfahren

Sich zurückziehen, wenig mit anderen zu tun haben, sich isoliert fühlen, das kennen viele Depressionspatienten. Auch hier könne Sport zu Verbesserungen beitragen, insbesondere durch Bewegung in der Gruppe, sagt Kleinert. „Es muss nicht unbedingt ein Mannschaftssport sein – auch ein Yogakurs oder gemeinsames Fitnesstraining führen zu einem Gemeinschaftserleben.“

Wer beim letzten Punkt sofort ein bisschen zuckt, weil Mannschaftssport oder Yogakurs irgendwie schwierig klingen, dem sei gesagt: Es gibt auch noch andere Möglichkeiten, sportlich aktiv zu sein, die auch sehr wirksam sind.

Welche Sportarten helfen am meisten?

Grundsätzlich helfen fast alle. „Bewegung ist eine wirksame Behandlungsmethode bei Depressionen. Gehen oder Joggen, Yoga und Krafttraining sind dabei effektiver als andere Sportarten, insbesondere wenn sie intensiv betrieben werden“, so die Autoren einer britischen Metastudie. Sie hatten 218 verschiedene randomisierte klinische Studien mit insgesamt 14.170 Teilnehmern, die an Depressionen litten, untersucht und dabei verschiedene Sportarten miteinander verglichen.

Tatsächlich wurde Ausdauertraining lange als besonders wirksam bei Depressionen angesehen, da es die neuronalen Veränderungen positiv beeinflusst, sagt Kleinert. Kraft- und Fitnesstraining seien aber auch wirksam, weil der Patient sein Körperkonzept stärke und seine Entwicklungsfortschritte positiv erlebe. „Gerade Krafttraining führt recht schnell zu kleinen Erfolgen, die das Selbstkonzept positiv beeinflussen“, so Psychologe Kleinert.

Wie viel Sport soll man machen?

Gesunde Erwachsene sollen sich 150 Minuten pro Woche mit moderater oder 75 Minuten mit hoher Intensität bewegen, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Daran könne man sich auch bei der Behandlung einer depressiven Störung oder von depressiven Symptomen orientieren, schreiben die Autoren des im Magazin „Praxis“ erschienenen Fachartikels „Freude durch Sport und Bewegung bei psychischen Erkrankungen“.

„Entscheidend ist, dass man eine Sport- und Bewegungsform findet, bei der man Freude erlebt und die man mit Spaß und vor allem regelmäßig und langfristig umsetzt“, sagt Sportpsychologe Kleinert. Dabei können eine Gruppe und feste Trainingszeiten helfen.

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