
© Lisa Rock für den Tagesspiegel
Anregende Gewässer: Warum drückt beim Schwimmen so oft die Blase?
Es plätschert und schon müssen wir auf die Toilette. Vier Gründe, die den Harndrang erklären.
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Nein, das ist keine Einbildung: Sobald man sich länger in Wasser aufhält, muss man aufs Klo. Da hilft es auch nicht, wenn man extra vorm Gang in den Pool noch einmal das stille Örtchen aufsucht oder darauf achtet, weniger zu trinken. Denn: „Das Phänomen hat wenig mit der Blase an sich zu tun“, sagt Daniel Schlager, Oberarzt in der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Freiburg.
Wasser heißt: Es plätschert um einen herum. Das assoziieren wir ganz automatisch mit einem Toilettengang.
Daniel Schlager, Urologe
Es sind alles in allem vier verschiedene Faktoren, die dafür verantwortlich sind, dass im Wasser die Blase schneller drückt. Der wichtigste ist der Auftrieb des Wassers. Er sorgt für die angenehme Leichtigkeit beim Schwimmen: Der Effekt der Schwerkraft wird reduziert, wir schweben fast durchs Wasser. Das macht es unserem Körper, der für die Bedingungen an Land optimiert ist, auf einmal sehr viel leichter, den Blutfluss aufrechtzuerhalten. Das Blut aus Armen und Beinen gelangt schneller zurück zur Körpermitte. Dort drückt es nicht etwa auf die Blase, sondern aufs Herz. „Das hat es dann plötzlich mit einem größeren Volumen zu tun und muss mehr arbeiten“, sagt Schlager.
Sehr sensible Zellen mit sogenannten Dehnungsrezeptoren melden dem Hirn die neue Situation. Das gibt, um das Herz zu schonen, umgehend Nachricht an die Niere: Volumen verringern! „Die Niere reagiert und produziert mehr Urin, die Blase füllt sich schneller als sonst“, sagt Schlager.
Der gleiche Mechanismus wird durch einen zweiten Faktor in Gang gesetzt: den Druck des Wassers. Den bekommen die Gefäße zu spüren, auch hier kommt das Blut schneller beim Herzen an, auch hier reagiert der Körper und setzt alles in Bewegung, damit die Flüssigkeitsmenge reduziert wird. „Dieser Effekt kommt vor allem bei Tauchern zum Tragen, da der Wasserdruck mit zunehmender Tiefe steigt“, sagt Schlager, „beim Schwimmen spielt er eher eine kleine Rolle.“
Und auch der dritte Faktor schlägt in die gleiche Kerbe: Das Wasser, in dem wir im Sommer schwimmen, ist in der Regel kühler als die Umgebungstemperatur. Wir kühlen also ein wenig aus, worauf der Körper reagiert und die Gefäße in Beinen und Armen verengt. So geht nicht noch mehr Wärme verloren. Wiederum gelangt viel Blut gleichzeitig, und wieder kommt die Information an beim Hirn: Volumen raus! Die Niere macht ihren Job.
„Der letzte Faktor ist ein psychologischer“, sagt Schlager, „Wasser heißt: Es plätschert um einen herum. Das assoziieren wir ganz automatisch mit einem Toilettengang.“
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