zum Hauptinhalt

Gesundheit: Des Taikonauten Mondfahrt

Mit der Eroberung des Erdtrabanten könnte China seine Energieprobleme lösen

Von Rainer Kayser, dpa

Stand:

Ein spannender Wettlauf zum Mond hat begonnen. Nicht nur in Amerika und Europa, auch in Asien hat man den Erdtrabanten im Visier. Während deutsche oder italienische Weltraumplaner aber vorerst nur an unbemannte Missionen denken, möchten Amerikaner und Chinesen im übernächsten Jahrzehnt auch Astronauten zum Mond schicken.

Dabei scheint es nicht ausgeschlossen, dass die Chinesen das Rennen gewinnen. Denn die amerikanische Weltraumbehörde Nasa wird immer wieder durch Budgetkürzungen ausgebremst. Ganz anders die Chinesen: Langsam, aber beharrlich verfolgen sie ihre Pläne. „Wir wären sicherlich in der Lage, innerhalb von 15 Jahren Raumfahrer auf den Mond zu bringen“, erklärte vor kurzem Huang Chunping, Leiter der Raketenentwicklung für die bemannte chinesischen Raumfahrt.

Zunächst sollen Erfahrungen mit unbemannten Sonden gesammelt werden. Für September dieses Jahres ist der Start einer ersten chinesischen Mondsonde angekündigt. „Chang’e-1“ soll an Bord einer der inzwischen bewährten „Langer Marsch 3 A“-Raketen ins All starten und in eine Umlaufbahn um den Erdtrabanten einschwenken. Ein Jahr lang soll die Sonde dreidimensionale Bilder der Mondoberfläche liefern und deren chemische Beschaffenheit untersuchen.

Und es gibt schon weitere Pläne. Im Jahr 2012 soll eine Sonde auf dem Mond landen – mit einem Roboter-Fahrzeug an Bord. 2017 soll dann eine automatische Mission Mondgestein zurück zur Erde bringen. Damit holt die Volksrepublik China zwar nur nach, was die USA und die damalige Sowjetunion bereits in den 1960er Jahren vollbracht haben. Doch nur so kann das Land eine von den anderen Großmächten unabhängige Raumfahrttechnologie entwickeln und zugleich seine Ansprüche als Weltraummacht untermauern.

Einen ähnlichen Weg geht China in der bemannten Raumfahrt. Im Oktober 2003 startete an Bord der Shenzhou-5 der „Taikonaut“ Yang Liwei ins All. Damit ist China nach Sowjetunion/Russland und den USA die dritte Nation, die aus eigener Kraft einen Menschen ins All befördert hat. Zwei Jahre später folgte der nächste bemannte Flug, bei dem sich zwei Raumfahrer bereits mehrere Tage im All aufhielten. Für das kommende Jahr ist ein erster Weltraumspaziergang geplant. Danach sollen ein Kopplungsmanöver im All und der Aufbau einer kleinen Raumstation folgen.

Mit jedem Flug wird also eine neue Technik getestet, Schritt für Schritt eignen sich die Chinesen so die Erfahrungen an, die für einen bemannten Flug zum Mond notwendig sind. Um dieses Ziel zu erreichen, muss noch eine stärkere Trägerrakete entwickelt werden. Rund 15 Jahre hinke China derzeit in der Raketentechnik den USA und Russland hinterher, sagt Huang, „doch wenn wir uns weiter so anstrengen, können wir diese Länder in 15 Jahren eingeholt haben.“

„Langer Marsch 5“ heißt die Rakete, die derzeit mit einer Nutzlast von 25 Tonnen entwickelt wird. Zum Vergleich: Die Saturn-V des Apollo-Programms konnte bis zu 120 Tonnen in die Erdumlaufbahn transportieren. Die Chinesen haben also tatsächlich noch einen „langen Marsch“ vor sich, bevor sie hier gleichziehen können. Da die chinesische Raumfahrt jedoch mit großer Geheimhaltung betrieben wird, sind Überraschungen möglich. Denkbar wäre etwa die Kopplung einer Shenzhou-Kapsel mit einer unbemannten, voll getankten Transferstufe im Erdorbit. Damit wäre schon Anfang des nächsten Jahrzehnts zwar noch keine Mondlandung, doch bereits eine bemannte Umrundung des Erdtrabanten möglich.

Unterdessen beobachtet man in Indien die Entwicklung der chinesischen Raumfahrt mit einigem Misstrauen. Möglicherweise bahnt sich hier eine ähnliche Rivalität an wie in den 1960er Jahren zwischen den USA und der Sowjetunion. „Wir dürfen in diesem Rennen nicht zurückbleiben", sagt Madhavan Nair, Direktor der indische Raumfahrtbehörde Isro. Mit „Chandrayaan-1“ will die Isro im nächsten Jahr ihre erste Sonde in eine Mondumlaufbahn bringen. Auch bei dieser Mission geht es um eine Kartierung der Mondoberfläche und ihrer chemischen Zusammensetzung. Ein robotisches Mondfahrzeug soll 2010 folgen.

Und auch in die bemannte Raumfahrt will Indien einsteigen. Im Januar testete die Isro erfolgreich eine Wiedereintrittskapsel. „Das ist ein gewaltiger Schritt in Richtung auf einen ersten bemannten Raumflug“, erklärt Nair. Eine wieder verwendbare Raumfähre ist in Planung und soll ab 2014 für bemannte Flüge einsatzbereit sein. Eine bemannte Mondlandung wird von der Isro für das Jahr 2020 anvisiert. Vielleicht ist der nächste Mensch auf dem Mond also weder Amerikaner noch Chinese, sondern Inder.

Im Gegensatz zum ersten Wettlauf zum Mond während des Kalten Kriegs geht es diesmal allerdings nicht nur um nationalen Stolz und die Demonstration technologischer Fähigkeiten. „Wir wollen mehr als nur unsere Flagge hissen und ein paar Gesteinsbrocken einsammeln“, betont Ye Zili von der chinesischen Gesellschaft für Weltraumwissenschaften. Es gehe um langfristige wirtschaftliche Interessen, die nur durch die Beherrschung der unbemannten und bemannten Raumfahrt gesichert werden können.

Der Bedarf Chinas an Rohstoffen und Energie wächst derzeit gewaltig. Der Abbau von Mineralien auf dem Mond oder anderen Himmelskörpern könnte deshalb schon im Verlauf weniger Jahrzehnte sehr wichtig werden.

Besonderes Augenmerk richten die Chinesen – aber auch die Russen – derzeit auf Helium-3, ein Isotop des Heliumatoms, das auf der Erde extrem selten, auf dem Mond aber durch den Sonnenwind in großen Mengen vorhanden ist. Für viele Fusionsforscher ist Helium-3 der Stoff der Träume: Durch die Kernverschmelzung von Helium-3 zu gewöhnlichem Helium-4 ließe sich ohne radioaktive Abfälle Energie produzieren. Das wäre viel einfacher, als Wasserstoff zu Helium zu fusionieren. Schon mit dem Abbau von jährlich rund drei Tonnen Helium-3 ließe sich der gesamte Energiebedarf Chinas decken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })