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Gesundheit: Historiker in heikler Mission

Zum Tode von Hugh Trevor-Roper

Hugh Trevor-Roper begründete seine Reputation als einer der bedeutendsten britischen Zeithistoriker mit seiner Hitler-Forschung. Und er setzte seinen Ruf mit einer Expertise zum deutschen Diktator aufs Spiel. Trevor-Ropers zuerst 1947 publiziertes Buch „The Last Days of Hitler“ machten ihn weltbekannt. Im April 1983 erklärte er die von der Illustrierten „Stern“ präsentierten „Hitler-Tagebücher“ irrtümlich für echt. Am Sonntag starb der Historiker, wie in der Montags-Ausgabe kurz gemeldet, 89-jährig in Oxford.

Der Zweite Weltkrieg hatte den Altphilologen und Kirchenhistoriker aus einer klassischen akademischen Karriere gerissen. Nach einem Studium in den Oxford-Colleges Charterhouse und Christ Church arbeitete Trevor-Roper seit 1937 als Assistent am Merton College und veröffentlichte 1940 mit „Erzbischof Laud“ sein erstes großes Werk zur englischen Kirchengeschichte und zum Bürgerkrieg des 17. Jahrhunderts. Im Krieg diente der 1914 geborene Trevor-Roper beim britischen Geheimdienst.

Bei Kriegsende erhielt er einen Auftrag, der ihn zeitlebens mit der NS-Geschichte verbinden sollte. Trevor-Roper wurde nach Deutschland geschickt, um zu klären, ob Hitler tatsächlich Selbstmord begangen hatte. Der britische Geheimdienst wollte einen Mythos um das Überleben des „Führers“ verhindern. Trevor-Roper interviewte zahlreiche Überlebende aus Hitlers unmittelbarer Umgebung und lieferte Beweise für den Tod des Diktators. Die publizierte Fassung des Berichts, „Hitlers letzte Tage“, gilt als Musterbeispiel investigativer historischer Recherche und erzählter Geschichte. Nach diesem Bestseller, der in zahllosen Neuauflagen und Übersetzungen erschien, gab Trevor-Roper mit „Hitlers Tischgespräche“ (1953) und „Goebbels’ Tagebücher“ (1978) weitere Quellenstudien zur NS-Geschichte heraus. Aber er blieb auch seinem Vorkriegs-Thema, der englischen und europäischen Religions- und Kirchengeschichte treu. Politisch ein unorthodoxer Konservativer und polemischer Kommentator der Labour-Regierungen, wurde Trevor-Roper 1979 unter Thatcher als Lord Dacre in den Adelsstand erhoben.

Fachkollegen haben dem Historiker vorgeworfen, zu journalistisch zu arbeiten. Tatsächlich holte ihn der Fluch der Publizistik 1983 ein. Nachdem Trevor-Roper die von Konrad Kujau gefälschten „Hitler-Tagebücher“ in einem Tresor-Raum einer Schweizer Bank durchgesehen hatte, erklärte er sie in der Londoner „Times“ für echt. Tags darauf allerdings meldete er in der „Sunday Times“ Zweifel an. Wie auch die Leute vom „Stern“ war Trevor-Ropers ansonsten unbestechlicher Blick von Geschäftsinteressen getrübt: Er war einer der Direktoren der „Times“, die die Tagebücher ebenfalls in Serie abdrucken wollten.

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