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Dr. Magnus Heier

© Stefan Braun

Im weißen Kittel: Taube Finger, schmerzhafte Schwurhand

Eigentlich reichen zwei, drei Fragen zur Diagnose eines Karpaltunnelsyndroms. Oft dauert es trotzdem Jahre, bis Betroffene zum Arzt gehen.

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Stand:

Es gibt ein paar Fehlkonstruktionen am menschlichen Körper. Eine davon kennen Rad- und Autofahrer, Zeitungsleser und Langzeittelefonierer: den Karpaltunnel. Dieser „Tunnel“ liegt an der Innenseite der Handgelenke. Ein sehr straffes Gewebeband bildet dort eine Führungsschiene, durch die neun Sehen laufen. Diese Sehnen beugen die Finger (die dazugehörigen Muskeln liegen im Unterarm). Durch den Tunnel läuft aber auch ein Nerv, der Medianus. Und wenn es eng wird, wenn der Nerv gedrückt wird, dann werden Finger taub, Muskeln schwach, und es tut weh.

Eng wird es oft im Alter. Aber auch in der Schwangerschaft, bei Rheuma, nach einem Sturz auf die Hand, selten nach einem Insektenstich. Eng wird es zusätzlich, wenn die Hand lange gestreckt wird: häufig etwa bei Radfahrern, die sich auf dem Rennlenker aufstützen. Und bei anderen Tätigkeiten mit überstreckten Händen. Aber auch nachts, wenn die Hände im Schlaf unbemerkt gestreckt sind. Die Betroffenen wachen mit tauben oder schmerzenden Fingern auf, dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Plus der inneren Hälfte des Ringfingers. Morgens reicht meist ein Schütteln der Hände aus, und die Taubheit geht weg. Anfangs.

Für den Neurologen alltäglich: Eine Strommessung zeigt, ob die Nervenleitung verlangsamt ist und wie fortgeschritten die Störung. Sie und die Symptome zeigen, wie die Behandlung aussehen muss: Reicht eine Schiene zur Nacht, die das Handgelenk gerade hält? Reichen Medikamente, um eine etwaige Schwellung zu stoppen? Reicht eine Schonung über den Tag?

Oder muss operiert werden? Was auch keine große Sache ist: Das Gewebeband wird gespalten, der Tunnel geöffnet, der Nerv entlastet. Eine Operation unter lokaler Betäubung, die auch per Endoskop gemacht werden kann. Wichtig ist nur, nicht zu lange zu warten. Der Nerv hält zwar einiges aus, aber irgendwann ist er einfach zerstört. Kommt der Eingriff rechtzeitig, sind Schmerzen und Taubheit nach ein paar Wochen, schlimmstenfalls nach mehreren Monaten weg. Der „Karpaltunnel“ ist ein leicht behandelbares Leiden - und ein verzichtbarer Schmerz.

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