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Dr. Magnus Heier

© Stefan Braun

Im weißen Kittel: Wer ist zuständig bei einem Notfall?

Ambulanz, Notdienst oder Hausarzt? Die Schwelle, nachts den Arzt zu rufen, ist oft niedrig. Das führt zu häufigen Fehleinsätzen – und langen Wartezeiten für echte Notfälle.

Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Der bizarrste Einsatz in meiner bisherigen Arbeit war wohl ein Patient in der Notaufnahme der Uniklinik. Als diensthabender Neurologe war ich zuständig. Der Patient kam um halb drei Uhr nachts. Sein Problem: Schlafstörungen! Chronisch! Kein Witz!

Meine Frage: Warum jetzt und nicht morgen beim Hausarzt? „Meine Freundin hat gesagt, Du musst endlich was tun!“ Zitiert aus dem Gedächtnis. Warum um halb drei Uhr? „Im Fernsehen wurden die Rambo-Filme wiederholt – früher ging nicht.“ Auch kein Witz. Dabei war der Patient zumindest ehrlich.

Die Ambulanzen der Kliniken sind im Augenblick überfüllt. Einerseits ist das die Folge der aktuellen Grippewelle und vieler Atemwegsinfekte. Die sorgen für viele Patienten – und krankheitsbedingt auch für wenig Personal. Andererseits gehen viele Patienten in die Ambulanz ihrer Klinik, obwohl sie auch zu ihrem Hausarzt gehen könnten. Einige aus Bequemlichkeit, viele aus Unsicherheit: Im Zweifel lieber einmal überreagieren. Grundsätzlich verständlich.

Dieselben Erfahrungen machen Ärztinnen und Ärzte auch im Hausärztlichen Notdienst (telefonisch erreichbar unter 116 117): Das ist kein „Notarzt“, sondern der Stellvertreter des Hausarztes, nachts oder am Wochenende. Gedacht für Fälle, die nicht bis zum nächsten Werktag warten können. Auch hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten, ist die Schwelle, den Arzt zu rufen, oft niedrig.

Leichte Kopfschmerzen, leichtes Fieber, leichtes Unwohlsein reichen schon aus – auch bei jungen Menschen. Selbst bei dem „richtigen“ Notarzt, der mit Blaulicht wirklich nur für medizinische Notfälle reserviert ist, sind Fehleinsätze häufig, wie ein Kollege in der letzten Woche berichtete. Das ist ärgerlich, denn es führt überall zu längeren Wartezeiten: in der Ambulanz, beim hausärztlichen Notdienst – und schlimmstenfalls sogar beim Blaulichtnotarzt.

Ich kenne keine Lösung! Appelliere aber an Patienten, sich mit „Bagatellen“ möglichst an ihren Hausarzt zu wenden. Schon im eigenen Interesse: Weil er oder sie die eigenen Patienten gut kennt und besser behandeln kann. Und weil es fairer den anderen Patienten gegenüber ist. Im Zweifel ist allerdings der Hausärztliche Notdienst oder gar der Blaulichtnotarzt zuständig!

Die bisher erschienen Folgen finden Sie auf der Kolumnenseite des Tagesspiegel.

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