Gesundheit: Kunst ohne Gender
Die Berliner Universität der Künste wickelt ihr Netzwerk für Geschlechterforschung ab
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Berlin wird um eine Einrichtung zur Genderforschung ärmer. Das Gendernetzwerk der Universität der Künste (UdK) steht unmittelbar vor dem Aus. Nur noch bis Ende März laufen die Fördermittel des Landes Berlin für das 2001 ins Leben gerufene Fakultätennetz „Gender und Kultur“. Dann ist Schluss. Die Leitung der UdK sieht sich nicht in der Lage, das Netz aus eigenen Mitteln weiterzufinanzieren und jährlich 66 000 Euro für zwei halbe Stellen aufzubringen. Sie seien „fassungslos und erschüttert über die Gleichgültigkeit“ der Uni, erklären die beiden Mitarbeiterinnen, die das Netz betreuten, auf ihrer Homepage. 550 Angehörige der UdK protestieren auf einer Unterschriftenliste gegen die Schließung.
Anja Osswald und Nana Lüth sehen in der Abwicklung einen Schlag gegen die wissenschaftskritische Forschung und Lehre: „Beim Nachdenken über Geschlechterbilder geht es darum, die bestehenden Machtverhältnisse zu hinterfragen“, sagt Osswald. Das Gendernetzwerk der UdK sollte die unterschiedlichen Ansätze der Gender Studies an den Fakultäten in Kontakt bringen und helfen, die Grenzen zwischen den Disziplinen zu überwinden. Zugleich sollte es als Servicestelle fungieren, das die Studierenden über Lehrangebote in den Gender Studies informiert und Diskussionen zwischen Wissenschaftlern und Künstlern initiiert. Nicht zuletzt sollte es helfen, Inhalte der Genderforschung in den Curricula der Studiengänge zu verankern.
An den anderen drei Berliner Universitäten gehören ähnliche Einrichtungen seit vielen Jahren selbstverständlich zur Infrastruktur. Finanziert werden sie aus „Bordmitteln“ der Universitäten, wie Heidi Degethoff de Campos unterstreicht. Degethoff ist stellvertretende Vorsitzende der Auswahlkommission des „Berliner Programms zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre“, das seit drei Jahren die Mittel für das Gendernetzwerk der UdK aufbrachte. Gedacht ist das Geld aus dem Programm jedoch stets nur als Anschubfinanzierung, sagt Degethoff. Die Hochschulen sind gehalten, erfolgreiche Projekte aus eigenen Mitteln zu verstetigen. Einer negativen Entscheidung der Kommission des „Berliner Programms“ kam die UdK jedoch ohnehin zuvor. Statt des Gendernetzwerks schickte die Kommission für Chancengleichheit lieber ein anderes Projekt ins Rennen.
Damit war das Gendernetzwerk nicht mehr zu retten. UdK-Präsident Martin Rennert verweist auf die schwierige Haushaltslage der Hochschule. Zwar sei es „sehr bedauerlich“, dass das Netz vor dem Aus stehe. Doch die Fakultäten hätten aus ihren Etats dafür nichts „rausschneiden“ wollen. Auch deshalb nicht, weil es dem Gendernetz „nur ansatzweise“ gelungen sei, eine „dauerhafte Diskussion quer über die Fachbereiche anzustoßen“. Ein anderes wichtiges Ziel des Netzes hingegen sei inzwischen erfüllt, das Netz insofern nicht mehr zwingend erforderlich: Die Genderforschung sei in den Curricula verankert. Auch werde das Thema in Zukunft durch eine Reihe neu berufener Professorinnen und Professoren weiter gepflegt werden, wenn auch „dezentraler“.
Anja Osswald hält die Argumente des Präsidenten für wenig stichhaltig. Fortan werde jede Initiative vom „Einzelkämpfertum“ einzelner Dozentinnen abhängen. Ein Dialog über die Grenzen der ohnehin kaum miteinander kommunizierenden Fakultäten werde nicht mehr stattfinden, die Genderforschung an Deutschlands größter Kunsthochschule den Anschluss an die internationale Wissenschaft verlieren.
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