zum Hauptinhalt
Ein Rollstuhl kann auch eine Befreiung sein. (Symbolbild)

© Getty Images/Moment RF

Mitten im Leben trotz Einschränkung: Ein Rollstuhl ist keine Fessel, sondern eine Befreiung

Technische Hilfsmittel wie eine Sauerstoffflasche, ein Hörgerät, eine Insulinpumpe und vieles mehr erleichtern die Teilnahme am Leben – wenn man sie nutzt

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Stand:

Ein älterer Mann steht im Aufzug des Ärztehauses und hat eine Sonde in der Nase. Die führt in einen kleinen Rollwagen mit Sauerstoffflasche: Er hat eine COPD, eine chronische Lungenfunktionsstörung – und er braucht zusätzlichen Sauerstoff. Es sieht ungewöhnlich aus, aber nach einem kurzen Gespräch hat man sich an den Anblick gewöhnt. Er traut sich aus dem Haus.

Anders eine ältere Dame, die relativ plötzlich „an den Rollstuhl gefesselt war“. Schon der Ausdruck ist falsch, denn für sie hätte der Rollstuhl eigentlich eine Befreiung und keine Fessel sein müssen, eine Möglichkeit, trotz Gehbehinderung weiterhin das Haus zu verlassen, unter Leute zu kommen, am Leben teilzunehmen. Genau das hat sie aber nicht gemacht: Stattdessen mauerte sie sich bis zu ihrem Tod zu Hause ein – weil sie nicht im Rollstuhl gesehen werden wollte. Ein Trauerspiel.

Lebensqualität verspielt derjenige, der die Hilfsmittel nicht nutzen mag

Immer bessere Technik ermöglicht ein immer unabhängigeres Leben trotz körperlicher Einschränkungen. Es gibt zahllose Beispiele: Die Bauchfelldialyse etwa schafft für Nierenpatienten Unabhängigkeit – so wie auch Insulinpumpen und Blutzuckermessgeräte für Diabetiker. Und der Mann mit der COPD hätte früher sein Haus nicht mehr verlassen können.

Und noch ein Beispiel: Hörgeräte. Vor allem ältere Menschen zögern oft jahrelang. Manchmal aus Eitelkeit. Aber oft spielen auch technische Schwierigkeiten eine Rolle: Wenn komplexe Hörgeräte nicht ausreichend erklärt werden – und schließlich in Nachtschränkchen verstauben. Was fatal ist, denn Schwerhörigkeit schließt nicht nur vom sozialen Leben aus – sie gilt auch als ein entscheidender Risikofaktor für Demenz!

Viel Lebensqualität wird verspielt, wenn verfügbare Hilfsmittel nicht genutzt werden. Oft sogar Lebenszeit. Aus Unwissen. Aus Eitelkeit. Die Technik ist da – man sollte sie nutzen.

Alle Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Übersichtsseite.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })