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OP-Roboter, das klingt modern und nach fehlerfreier Operation. Immer mehr Kliniken schaffen sich die Maschinen an, weil das die Patienten erwarten.

© picture alliance/dpa/Robert Michael

Patienten erwarten bessere Therapiequalität: Stehen bald in jedem OP-Saal Roboter?

Sie tragen poetische Namen wie Rosa, Da Vinci oder Mako, und sie kosten viel Geld. Doch erfüllen Roboter in der Chirurgie die hohen Erwartungen?

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Schon während des Vietnamkriegs ersann das US-Militär einen aus der Ferne gesteuerten Roboter-Chirurgen. Er sollte überall dort Verletzten helfen, wo es für Kollegen aus Fleisch und Blut zu gefährlich war – beispielsweise auf dem Schlachtfeld oder sogar im Weltraum. Der erste Prototyp für ein solches Gerät wurde bereits in den 1980er-Jahren vom Stanford Research Institute der gleichnamigen Universität entwickelt.

Den ersten für zivile Anwendungen zugelassenen Operationsroboter brachte die US-Firma Computer Motion 1997 auf den europäischen Markt. Eine andere Firma – Intuitive Surgery mit Sitz in Kalifornien – erhielt im Jahr 2000 die Zulassung für ein ähnliches System in den Vereinigten Staaten.

Mittlerweile gibt es verschiedene Robotertypen, einige sind mehr für Eingriffe an der Prostata oder den Bauchorganen ausgelegt, andere auf die Chirurgie zur Implantation von künstlichen Gelenken, vor allem im Knie. Selbstständig operieren aber können die Maschinen nicht. Es ist noch immer die Hand des Chirurgen, der die Roboterarme mit den Werkzeugen führt.

Und trotzdem: OP-Roboter, das klingt modern und nach fehlerfreier Operation. Immer mehr Kliniken schaffen sich die Maschinen an, weil das Patienten erwarten. Wir haben Experten gefragt, ob die Erwartungen berechtigt sind und bald in jedem OP ein Roboter mitmischt.

Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ lesen sie hier.


Roboter haben das Potenzial, die Standards in der Endoprothetik nachhaltig zu erhöhen.

Im Bereich der künstlichen Knie- und Hüftgelenke revolutionieren Roboter-assistierte Systeme die moderne Orthopädie. Diese Technologien ermöglichen Chirurgen, Gelenkprothesen mit höchster Präzision einzusetzen. Gerade bei Knie- und Hüftoperationen sind exakte Platzierung und Ausrichtung entscheidend, um eine optimale Funktion und langfristige Haltbarkeit der Prothesen zu gewährleisten.

Roboter unterstützen den Operateur, indem sie millimetergenaue Planung und Echtzeit-Feedback während des Eingriffs bieten. So können Implantate individuell an die Anatomie des Patienten angepasst werden, was das Risiko von Fehlpositionierungen und damit von Komplikationen reduziert.

In meiner Klinik in Greifswald setzen wir Roboter-assistierte Systeme seit über zwei Jahren erfolgreich ein und sehen deutliche Verbesserungen bei der Genesung und Zufriedenheit der Patienten. Die Robotertechnik in der Gelenkchirurgie ist ein bedeutender Fortschritt, der das Potenzial hat, die Standards in der Endoprothetik nachhaltig zu erhöhen.


Der langfristige Nutzen der Roboter ist bisher nicht bewiesen

Sicherlich nicht, da der langfristige Nutzen des Robotereinsatzes bisher nicht bewiesen ist, die Technologie aber mit erheblichen Installations-, OP-Vorbereitungs- und Wartungskosten verbunden ist.

Problematisch ist, dass viele Robotergeräte nur mit einer begrenzten Anzahl von Implantatdesigns kompatibel sind und für verschiedene prothetische Eingriffe unterschiedliche Anwendungssysteme angeschafft werden müssen. Die bildgesteuerte robotergestützte Knieendoprothetik erhöht zudem die Strahlenbelastung. Wenn auch die aufwendig geplanten angestrebten Schnittziele in der Regel mit höherer Präzision erreicht werden können, ist dies nur ein Faktor, der das klinische Ergebnis mitbestimmt.

Vor dem Hintergrund, dass die moderne Knieendoprothetik bereits auf einem hohen Niveau ist, sind für eine weitere Verbesserung vordringlicher die Optimierung der individuellen Auswahl verfügbarer Therapiemöglichkeiten (Physiotherapie, Achskorrektur, unikompartimentelle oder totale Prothese) und die Optimierung der nachbetreuenden Rehabilitation.  


Es wird noch lange dauern, bis sich die Roboter flächendeckend durchsetzen

Die Vorstellung klingt verführerisch: Ein Operationsroboter operiert von Anfang an perfekt. Er arbeitet auf dem höchsten Niveau erfahrener Chirurgen, und das gleichzeitig mit der höchsten Präzision einer jungen, nicht mal um zehntel Millimeter zitternden Hand. Welcher Kranke, dem ein mitunter Angst einflößender Eingriff bevorsteht, wünscht sich das nicht? Nicht überraschend, dass Patienten gezielt nach Kliniken, die sich solche Geräte angeschafft haben, suchen. Und damit den Druck erhöhen, sich die Maschinen in den OP zu stellen.

Doch die Studienlage, ob die Roboter wirklich besser sind als die menschlichen Chirurgen, ist bisher dünn. Parameter, wie Schnittpräzision oder Schnelligkeit, mögen Entwickler in Entzücken versetzen. Doch Menschen bestehen nicht aus standardisierten Bauteilen, sondern sind millionenfach individuell aufgebaut. Aus Patientensicht sind andere Fragen viel wichtiger. Etwa: Ist die Komplikationsrate geringer oder werde ich schneller wieder gesund?

Doch diese sind bisher nicht ausreichend beantwortet. Deshalb werden sich die Maschinen erst dann flächendeckend durchsetzen, wenn sie bewiesen haben, dass sie besser sind als die menschlichen Chirurgen. Und das wird noch eine ganze Weile dauern, weil zum einen die Beobachtung, ob beispielsweise Gelenkprothesen wirklich länger halten, wenn sie mit Roboterhilfe implantiert wurden, Jahre in Anspruch nimmt. Und zum anderen, weil die Roboter sehr teuer und die meisten Kliniken finanziell klamm sind und weil die Krankenkassen – wegen der noch ausstehenden Belege einer besseren Behandlungsqualität – die Mehrkosten nicht bezahlen.

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