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Zwei von drei Medizinstudenten sind Frauen.

© Tagesspiegel/Kitty Kleist-Heinrich

Zwei von drei Medizinstudenten sind Frauen: Die Medizin wird weiblicher – aber nicht überall

Der Anteil der Studentinnen und Ärztinnen wächst kontinuierlich. Die Medizin dürfte das nachhaltig zum Guten verändern.

Magnus Heier
Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Stand:

Das Deutsche Ärzteblatt zeigte kürzlich in einer seiner Ausgaben eine erstaunliche Statistik: Etwas mehr als zwei von drei Medizinstudenten sind Frauen. Und diese Zahl steigt weiter.

1975, bei der ersten Erhebung, war der Anteil der Frauen noch verschwindend gering. 1998 war die Zahl von Frauen und Männern im Studium erstmals gleich. Seither steigt der Frauenanteil kontinuierlich. Und das nicht nur im Studium: Im Jahr 2023 lag die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte insgesamt bei 428.500 – mit einem Anteil von 49,5 Prozent liegen die Frauen dabei fast gleichauf.

Ist das gut oder schlecht? Sind Frauen die besseren Ärzte oder die schlechteren? Die Krankenkasse AOK zitiert eine Untersuchung aus der kanadischen Provinz Ontario: Dort hatte man die Operationsergebnisse von knapp 1,2 Millionen Patienten analysiert – und in Beziehung zum Geschlecht des Chirurgen, der Chirurgin gestellt.

Viel wichtiger scheint mir, dass Frauen einen anderen Fokus haben dürften. Noch immer ist der männliche Körper der „Goldstandard“ in der Medizin.

Magnus Heier, Kolumnist

Das Ergebnis: Bei Chirurginnen seien postoperative Komplikationen signifikant seltener. Außerdem würden sich Ärztinnen eher an Leitlinien halten, präventiver arbeiten, ihr Können eher unter- als überschätzen. Im Gegensatz zu männlichen Kollegen. Das klingt nach erwartbaren Klischees. Aber es lässt sich sicher festhalten, dass Ärztinnen den Ärzten nicht unterlegen sind.

Viel wichtiger scheint mir, dass Frauen einen anderen Fokus haben dürften. Noch immer ist der männliche Körper der „Goldstandard“ in der Medizin. Medikamente wurden eher an Männern getestet, Symptome eher an Männern beobachtet: Ein Herzinfarkt jedoch zeigt sich bei Frauen teils anders als bei Männern – und kann dadurch übersehen oder verzögert diagnostiziert werden. Das könnte sich ändern. Ganz abgesehen davon, dass es gut ist, zumindest theoretisch das Geschlecht des behandelnden Arztes wählen zu können.

Aber die genannten Zahlen verbergen etwas anderes: Die Geschlechtsverteilung in der Medizin ist je nach Fachrichtung sehr ungleich: Neurochirurgen seien fast ausschließlich männlich (85 Prozent), Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen fast ausschließlich weiblich (79 Prozent). Aber ein männlicher Therapeut kann etwa für männliche Jugendliche wichtig sein.

Alle bisher erschienenen Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Übersichtsseite.

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