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IG Metall wünscht mehr Wandel: Für Wumms in der Transformation
Die größte deutsche Gewerkschaft hält die Mitgliederzahl annähernd stabil und will sich verändern: Mehr Ressourcen für die Basisarbeit.
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Die größte deutsche Gewerkschaft ist ordentlich durch das Krisenjahr 2022 gekommen. Dank einer „grandiosen Aufholjagd“, wie der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann am Donnerstag berichtete, sei die Zahl der Mitglieder nur leicht von 2,169 auf 2,146 Millionen gefallen. Die erfolgreiche Tarifauseinandersetzung im Herbst habe dazu beigetragen, dass der Zulauf mit 117.000 neuen Mitgliedern so hoch gewesen sei wie zuletzt 2018. „In bewegten Zeiten geben Gewerkschaften den nötigen Halt für Stabilität und Sicherheit“, meinte Hofmann auch mit Blick auf den Einsatz der Gewerkschaften für die Strom- und Gaspreisbremsen sowie Einmalzahlungen.
Höhere Einkommen machen sich bei den Beitragseinnahmen bemerkbar, die 2022 trotz schrumpfender Mitgliederzahl mit 596 Millionen Euro um fünf Millionen höher lagen als im Vorjahr. Fast 90 Millionen davon fließen in die Streikkasse. „Die IG Metall ist handlungsfähig“, sagte Hofmann, dessen Amtszeit nach zwei Wahlperioden und insgesamt acht Jahren im kommenden Herbst endet.
Auf dem im Oktober anstehenden Gewerkschaftstag wählen die Delegierten eine neue Führung. Im Mai will Hofmann dazu einen Vorschlag unterbreiten, der den Ambitionen von Christiane Benner, bislang zweite Vorsitzende der IG Metall, und Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der Gewerkschaft in Baden-Württemberg, gerecht wird. Benner wäre die erste Frau an der Spitze der Industriegewerkschaft, Zitzelsberger ist erfolgreicher Tarifpolitiker im Kernland der Gewerkschaft. Angedacht ist eine Doppelspitze, für die jedoch die Satzung der IG Metall angepasst werden müsste.
„Wenn sich die Welt um uns radikal ändert, braucht es auch Veränderungen in der IG Metall.
Jörg Hofmann, IG-Metall-Vorsitzender
Der Gewerkschaftstag wird sich auch mit strukturellen und finanziellen Veränderungen befassen. Unter anderem soll der geschäftsführende Vorstand von sieben auf fünf Mitglieder verkleinert werde. „Wenn sich die Welt um uns radikal ändert, braucht es auch Veränderungen in der IG Metall“, sagte Hofmann. Ziel sei die Stärkung der rund 150 Verwaltungsstellen und eine Ressourcenverschiebung von der Frankfurter Zentrale an die Basis. Dazu hat die Gewerkschaft in den vergangenen Jahren Vorschläge entwickelt. „Die IG Metall möchte proaktiv agieren, sie möchte eigene Akzente setzen und auch weit sichtbare emotionale Erfolge feiern“, heißt es in einem Projektpapier.
Die verbleibende Zeit bis zum Gewerkschaftstag will Hofmann nutzen für die Gestaltung der Transformation, die vor allem auch die Autogewerkschaft IG Metall umtreibt. Nachdem im vergangenen Jahr die Krisenbewältigung im Vordergrund stand und die Metall- und Elektroindustrie ihr Beschäftigungsniveau mit Hilfe flexibler Arbeitszeit und von Kurzarbeit stabil halten konnte, wünscht sich der IG-Metall-Vorsitzende nun „ein Jahr des fairen Wandels; wir brauchen einen echten Wumms beim Wandel, kein zögerliches Handeln nach Kassenlage“, sagte Hofmann. „Wir müssen Leitmarkt einer erfolgreichen Energie- und Mobilitätswende werden.“ Dazu bedürfe es aber auch des Schutzes energieintensiver Industrien durch eine wirksame Strompreisbremse.
Ferner hofft die IG Metall auf neue arbeitsmarktpolitische Instrumente wie das Qualifizierungsgeld und die Bildungsteilzeit, die aber nach derzeitigen Stand nur unzulänglich vorgesehen seien. „Wir müssen die Transformation so gestalten, dass das Potential an Fachkräften heute in den Betrieben nicht verlorengeht“, sagte Hofman.
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