
© Ferdinand Dyck
Industrie ersetzt Handwerk : Hoffnung für Bäcker – Azubis aus Afrika und Asien
Teilweise suchen Betriebe Auszubildende in Afrika und Asien. Der Anteil von Migranten steigt auf knapp ein Viertel. die Gewerkschaft NGG stellt erstmals einen „Bäckerei-Monitor“ vor.
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Trotz belastender Arbeitszeiten interessieren sich mehr junge Menschen für das Bäckerhandwerk. Im vergangenen Jahr gab es ein Plus bei den Azubi-Zahlen um 11,4 Prozent, und bei den Fachverkäuferinnen im Bäckerhandwerk sogar von 22,5 Prozent. „Diese Entwicklung freut uns“, sagte Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) bei der Vorstellung einer Studie mit dem Namen „Bäckerei-Monitor“.
Die Branche mit derzeit rund 282.000 Beschäftigten hat sich in den vergangenen zehn Jahren erheblich verändert. Während der Gesamtumsatz „infolge einer zunehmenden Dominanz von Großfilialisten und Brotindustrie auf 21,8 Milliarden Euro (2023) gestiegen ist, hat die Zahl der Betriebe des Bäckerhandwerks um 30 Prozent abgenommen“, teilte die NGG mit. Insgesamt gingen seit 2014 rund 20.000 Arbeitsplätze verloren.
Gleichzeitig stieg der Anteil an Teilzeitkräften unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen von 30 auf 39 Prozent. Seit 2022 stabilisiere sich der Markt zwar, doch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs sinkt (um 6500), während es mehr Minijobs (plus 8500) gibt. „Diese Entwicklung zeigt eine Verschiebung hin zu schlechter abgesicherten Arbeitsverhältnissen“, meinte Zeitler.
Der „Bäckerei-Monitor“ basiert auf einer Beschäftigtenbefragung, Interviews sowie einer Branchenanalyse. Die größte Herausforderung sei nach wie vor der Personal- und Fachkräftemangel. Um Arbeitskräfte zu finden, hätten einige Betriebe die Suche nach Auszubildende sogar auf Südostasien und Nordafrika ausgeweitet. Während sich die Zahl der Auszubildenden im Backgewerbe in den letzten zehn Jahren auf zuletzt 8500 fast halbiert hat, steigt sie bei Auszubildenden mit ausländischer Herkunft. Knapp ein Viertel der Azubis hat gegenwärtig einen Migrationshintergrund, vor zehn Jahren waren es weniger als neun Prozent.
Mit der Kampagne „Back dir deine Zukunft“ werden gezielt junge Menschen in den sozialen Medien angesprochen und erhalten von „Backfluencern“ Einblicke in die Arbeit des Bäckerhandwerks. Um den Beruf finanziell attraktiver zu machen, haben sich die NGG und der Zentralverband des Bäckerhandwerks auf höhere Vergütungen verständigt: Seit März 2025 bekommen Azubis im ersten Ausbildungsjahr 1020 Euro brutto im Monat, im zweiten Jahr sind es 1090 Euro und im dritten 1230 Euro.
Zunehmend weibliche Azubis
Nach Angaben des Verbandes haben in den vergangenen zehn Jahren knapp 15.000 Auszubildende ihre Bäckerausbildung abgeschlossen. Ein Viertel davon ist weiblich, mit steigender Tendenz. Im Bereich Fachverkauf schlossen im gleichen Zeitraum 28.222 Lehrlinge ihre Ausbildung ab.
Im Rahmen des Monitors beteiligte sich 1395 Beschäftigte an einer Umfrage. 86 Prozent von ihnen berichteten über eine hohe Arbeitsintensität, Zeitdruck und Personalmangel. „Wir beobachten, dass einige Betriebe dabei sind, sich zu modernisieren und auf Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmenden eingehen“, sagte Studienautor Stefan Stracke von wmp consult. Aber es müsse noch viel mehr getan werden.
Kältetechnik gegen Nachtarbeit
Eine Maßnahme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wäre die Verlagerung von Prozessen von der Nacht- in die Tagproduktion. Einige Betriebe hätten dies erfolgreich umgesetzt. Helfen könnten dabei zum Beispiel das Schockfrosten der Backwaren sowie Gärunterbrechung und Veränderungen der Teigführung. „Dadurch können die Teige schon tagsüber vorbereitet und geknetet werden, nachts wird dann nur noch gebacken“, erläutert Stracke. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sei der Einsatz moderner Kältetechnik.
„Wenn es der Branche insgesamt gelingt, ihr Arbeitgeberimage zu verbessern, Migration als Chance zu begreifen und bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, steht ihr eine noch lange und gute Zukunft bevor“, meinte Gewerkschaftschef Zeitler. „Denn die Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen gutes Brot.“
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