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Der designierte US-Präsident Donald Trump spricht nach einem Treffen mit Republikanern im Kongress im US-Kapitolgebäude in Washington (Archivbild).

© REUTERS/Jeenah Moon

Alte Wasserleitungen, unterfinanzierte Feuerwehr: Trump instrumentalisiert die Großbrände – aber wer trägt wirklich die Schuld?

Der designierte US-Präsident gibt Kaliforniens demokratischen Gouverneur Gavin Newsom die Schuld an den verheerenden Bränden im Bundesstaat. Tatsächlich liegen die Probleme woanders.

Stand:

Der designierte US-Präsident Donald Trump hat den demokratischen Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, für das Ausmaß der verheerenden Waldbrände in der Westküsten-Metropole Los Angeles verantwortlich gemacht.

Konkret kritisierte Trump auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social angebliche Wassersparmaßnahmen Newsoms und warf ihm vor, dass ihm die Menschen in dem US-Bundesstaat egal seien. Den Gouverneur betitelte der Republikaner mit der Schmähung „Newscum“ – abgeleitet von dem englischen Wort „scum“ für Abschaum – und forderte dessen Rücktritt. „Es ist alles seine Schuld“, schrieb Trump am Donnerstag.

Kalifornien leide nur deshalb unter Wassermangel, da die dort regierenden Demokraten wegen eines „nutzlosen Fisches namens Stint“ Regenwasser umleiten würden, polterte Trump. Newsom weigere sich zudem, eine „Erklärung zur Wiederherstellung der Wasserversorgung zu unterzeichnen“, die es ermöglicht hätte, „täglich Millionen Liter Wasser“ verfügbar zu machen.

Angegriffener Gouverneur spricht von „reiner Fiktion“

Hat Trump bei seiner Kritik einen Punkt? Soviel sei hier schon verraten: Ja, aber nicht den richtigen. Denn in den vergangenen Tagen wurde aus unterschiedlichen Richtungen immer wieder Kritik an den Vorbereitungen für einen solch großen Brand laut. Newsom war aber eher nicht das Ziel dieser Kritik.

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom besichtigt Pacific Palisades während des zweiten Tages des Palisades-Feuers.

© dpa/ZUMA Press Wire/Jonathan Alcorn

Das Pressebüro des Gouverneurs bezeichnete Trumps Anschuldigungen umgehend als „reine Fiktion“. Newsom konzentriere sich darauf, „die Menschen zu schützen, keine Politik zu machen und dafür zu sorgen, dass den Feuerwehrleuten alle erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen“. Und weiter: „Es gibt kein Dokument wie die Erklärung zur Wasserwiederherstellung – das ist reine Fiktion.“

Trump hat in der Vergangenheit schon häufiger gegen den prominenten Demokraten Newsom ausgeteilt und dessen Politik als radikal bezeichnet. Die Wasserpolitik in Kalifornien wird seit Jahren heftig diskutiert. Tatsächlich hat Newsom sich für Umweltauflagen ausgesprochen, die den Wassertransfer in bestimmten Regionen begrenzen, um bedrohte Arten zu schützen. Kritiker werfen Newsom vor, dadurch landwirtschaftliche Betriebe und den Brandschutz zu gefährden.

Infrastruktur nicht für großflächige Brandbekämpfung ausgelegt

Tatsächlich fehlt es an vielen Stellen in Los Angeles aktuell an Löschwasser. Das liegt aber weniger an mangelndem Zufluss, sondern vielmehr ist es so, dass das Wassernetz von Los Angeles nicht für die Bekämpfung solcher Großbrände wie sie aktuell wüten ausgelegt ist.

Traci Park, Mitglied des Stadtrats von Los Angeles, zu dessen Bezirk das von einem der Brände stark verwüstete Pacific Palisades gehört, sagte laut einem Bericht der „New York Times“, dass die Wasserversorgung der Stadt zu den am stärksten unterfinanzierten Infrastrukturen gehöre.

Zerstörten Häuser in Pacific Palisades

© Getty Images via AFP/MARIO TAMA

„Mit unseren Wasserkapazitäten ist es nur eine Frage der Zeit, bis noch mehr solcher Katastrophen passieren“, wird Park zitiert. Die Infrastruktur sei teilweise 100 Jahre alt. „Während unsere Stadt gewachsen ist, haben wir die Infrastruktur, die wir dafür brauchen, nicht aufgerüstet und erweitert“, kritisiert sie.

Sie wies auch auf die Komplexität der Bekämpfung von Bränden hin, die eigentlich Waldbrände sind und in städtische Wohngebiete eindringen – wobei die Feuerwehrleute nicht in der Lage sind, die Ressourcen der Waldbrandbekämpfung zu nutzen, die ihnen normalerweise zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel Wasserabwürfe aus der Luft. Die waren vor allem wegen der starken Winde nicht möglich.

Auch Experten erklärten in den vergangenen Tagen, dass die Infrastruktur für die Feuerwehr von Los Angeles eher darauf ausgelegt ist, einzelne Hausbrände zu bekämpfen. Großflächige Feuerkatastrophen, die gleichzeitig an mehreren Orten stattfinden, überforderten die Retter.

Ein Feuerwehrmann bekämpft das Feuer im Angeles National Forest in der Nähe des Mt. Wilson.

© REUTERS/Ringo Chiu

„Das Wassersystem, das die Stadtteile versorgt, hat einfach nicht die Kapazität, so große Wassermengen über mehrere Stunden zu liefern“, sagte Martin Adams, ehemaliger Generaldirektor des Los Angeles Department of Water and Power, gegenüber der „LA Times“.

Das Wassersystem, das die Stadtteile versorgt, hat einfach nicht genug Kapazität.

 Martin Adams, ehemaliger Generaldirektor des Los Angeles Department of Water and Power

Zahlreiche Experten warnen zudem seit längerem davor, dass Außenbezirke amerikanischer Großstädte immer näher an stark brandgefährdete Naturgebiete heranrücken.

Bürgermeisterin von Los Angeles in der Kritik

Und das alles im Kontext dessen, dass durch die Klimakrise bedingte Dürre, starke Winde und Waldmanagement eine immer größere Rolle bei der Entstehung und Intensität von Waldbränden spielen. Das Katastrophenmanagement der Westküstenmetropole rückte am Donnerstag auch bei einer Pressekonferenz in den Fokus.

Verbrannte Häuser während des Palisades-Feuers im Stadtteil Pacific Palisades in Los Angeles

© AFP/JOSH EDELSON

„Unsere oberste Priorität ist es jetzt, Leben zu retten, Leben zu schützen, Häuser zu retten. Ich bin nicht hier, um über den Stand unseres Haushalts zu sprechen“, sagte die Bürgermeisterin von Los Angeles Karen Bass, bei der sie sich kritischen Fragen anwesender Journalisten zu fehlenden Ressourcen und verzögerter Hilfe stellen musste. Bass befand sich zu Beginn des Feuers auf einer Diplomatenreise in Ghana.

Gavin Newsom und Karren Bass im Katastrophengebiet

© Getty Images via AFP/ERIC THAYER

Anwohner der betroffenen Gebiete berichteten einem Reporter zufolge etwa von nicht funktionierenden Hydranten, fehlendem Löschwasser und zu wenig Rettungskräften. Bass räumte ein, extreme Wetterbedingungen – vor allem starke Winde – hätten die Lage verschärft und den Einsatz von Löschflugzeugen behindert. „Wir wissen auch, dass Feuerhydranten nicht für derartige massive Zerstörungen ausgelegt sind“, räumte sie ein.

Und noch zu einem weiteren Vorwurf musste sie Stellung nehmen. Budgetkürzungen für die Feuerwehr. Die Stadt hatte zuletzt Kürzungen bei der Feuerwehr von rund 18 Millionen US-Dollar (rund 17,5 Millionen Euro) beschlossen. Das Gesamtbudget beläuft sich auf rund 820 Millionen US-Dollar. Keine große Sache also?

Wohl nicht ganz. Letzten Monat warnte die Leiterin der Feuerwehr von Los Angeles, Kristin Crowley, in einem Memo, über das NBC Los Angeles berichtete, dass die Kürzung des Budgets die Fähigkeit der Feuerwehr, sich auf „großflächige Notfälle, einschließlich Waldbrände“ vorzubereiten, „stark eingeschränkt“ habe. 

In Los Angeles kamen viele Faktoren zusammen: veraltete Infrastruktur, Kürzungen bei der Feuerwehr, aber auch klimatische Bedingungen und hohe Windgeschwindigkeiten, die eine Bekämpfung der Brände aus der Luft unmöglich machten sowie die Ausbreitung beschleunigten. Donald Trumps angesprochener Fisch trifft wohl keine Schuld.

Trump werden diese all diese Details wenig interessieren. Newsom ist ein häufiges Ziel republikanischer Attacken, gilt er doch als ein Favorit für die demokratische Präsidentschaftskandidatur 2028.

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