zum Hauptinhalt
ANC-Präsident Cyril Ramaphosa nach seiner Wiederwahl mit der neu gewählten Schatzmeisterin Gwen Ramokgopa. 

© Foto: Sumaya Hisham/REUTERS

ANC-Parteitag in Südafrika: Präsident Ramaphosa trotz Skandals wiedergewählt

Das Gegenlager um seinen Vorgänger Zuma hatte kurzzeitig die Nase vorn. Trotz des Siegs wird der Präsident die Partei aber kaum reformieren können.

Von Johannes Dieterich

Es war eine Zitterpartie bis zu letzten Minute. Kurz bevor am Montagmorgen beim Parteitag des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) die Ergebnisse der Wahl des neuen Präsidiums bekannt gegeben werden, machen im Johannesburger Messezentrum Gerüchte die Runde, dass der amtierende Staatspräsident Cyril Ramaphosa seinem Herausforderer als Parteichef unterlegen sei: Zweli Mkhize habe im Verlauf des viertägigen Kongresses enorm aufgeholt, hieß es.

Eine Provinz nach der anderen habe sich hinter den ehemaligen Gesundheitsminister gestellt, der im vergangenen Jahr wegen eines Korruptionsskandals von Ramaphosa seines Amts enthoben worden war. Südafrikas Währung gerät unter Druck, und in der Bevölkerung macht sich Nervosität breit: Geht es zurück in die alten, verhängnisvollen Zeiten unter Ex-Präsident Jacob Zuma, der Herausforderer Mkhize unterstützt? Hat die Fraktion der Patronage-Politiker im gespaltenen ANC über die Erneuerer um Präsident Ramaphosa gesiegt?

Ramaphosa kam gerade noch mit einem blauen Auge davon. Der amtierende ANC-Chef erhielt knapp 2500 Stimmen der rund 4500 Delegierten, Mkhize musste sich mit 1900 zufrieden geben. Der Ex-Gesundheitsminister war jedoch im Vorfeld des Parteitags nur von etwa 900 ANC-Ortsverbänden nominiert worden: Er konnte seine Stimmen während des Parteitags also verdoppeln.

Kuhhandel um Listen und Bestechungsversuche

Der Umstand ist einer umstrittenen Prozedur der Regierungspartei zu verdanken: Während die Delegierten von den Ortsverbänden mit einem ausdrücklichen Mandat zum Parteitag geschickt werden, können sie dort trotzdem wählen, wen sie wollen. Das lässt Raum für Überredungs- und Bestechungsversuche – sowie für hektische Kuhhandel um die Listen, auf denen die Präsidentschaftsanwärter ihre Kandidaten für die übrigen sechs höchsten Ämtern des ANC angeben.

So hätte es passieren können, dass Ramaphosa als populärster Politiker des ANC zwar in seinem Amt bestätigt wird: Dass ihm aber sechs führende „Comrades“ zur Seite gestellt werden, die mit dem gegnerischen Lager seines Vorgängers Jacob Zuma liiert sind. Als isolierter Parteichef hätte er sein Reformwerk nicht fortführen können. Auch in dieser Hinsicht hat Ramaphosa Glück gehabt: Nur eine Amtsträgerin gehört dem gegnerischen Lager an, sein Stellvertreter Paul Mashatile steht irgendwo dazwischen.

Trotzdem kann der wiedergewählte Parteichef nicht aufatmen. Die Vorgänge auf dem alle fünf Jahre stattfindenden ANC-Kongress haben wieder einmal vor Augen geführt, wie tief die Befreiungsbewegung Nelson Mandelas gefallen ist: Zwei Delegierte wurden beim Abfotografieren ihres Wahlzettels erwischt (was auf den Verkauf ihrer Stimme schließen lässt), die Debatten waren frei von politischen Inhalten und nur auf die Verunglimpfung der Angehörigen des anderen Lagers ausgerichtet.

Der Selbstbereicherung in seiner Partei ist Ramaphosa bisher kaum zu Leibe gerückt.

Johannes Dieterich

Offensichtlich geht es beim ANC nur noch um Pfründe, um Einfluss, der sich zur Selbstbereicherung nutzen lässt, und um Seilschaften. Seit fünf Jahren verspricht Ex-Gewerkschaftschef Ramaphosa, dieser Subkultur in der Partei zu Leibe zu rücken: Weit ist er damit nicht gekommen.

20
Büffel und der Erlös aus ihrem Verkauf stehen im Zentrum des Skandals „Farmgate“

Stattdessen hat sich der 70-Jährige mit dem „Farmgate“ genannten Skandal selbst ins Gerede gebracht: Er ließ Einnahmen aus dem Verkauf von 20 Büffeln in Dollarscheinen in einer Couch auf seiner Wildfarm verstecken und zeigte die Diebe nicht an, die das Geld entwendeten, sondern soll ihnen sogar noch Schweigegeld bezahlt haben.

Bisher hat der nebenberufliche Büffelzüchter zur Klärung der absurden Geschichte nicht viel beigetragen: Auch nach seiner Wiederwahl wird sie ihn weiter verfolgen. Keine gute Begleitung für einen Politiker, der einst als Saubermann antrat.

Auch Südafrika hat gerade noch mal Glück gehabt. Hätte die sich selbst „Radikale Wirtschaftliche Erneuerer“ nennende Zuma-Fraktion tatsächlich gewonnen, wäre es dem Kampf gegen die Korruption, den staatlichen Aufsichtsorganen und dem Rechtsstaat wieder an den Kragen gegangen. Dagegen wird es unter Ramaphosa nicht wieder zur Unterwanderung des Staates für persönliche Profite wie unter Zuma kommen.

Dennoch bezweifeln Beobachter, dass es dem 70-Jährigen gelingen wird, seine Partei in eine Organisation zurück zu verwandeln, die sich um das Wohl der Bevölkerung kümmert: Der ANC sei für seine Reinigung schlicht zu verrottet, heißt es. Ramaphosa könnte dem Land sogar einen Bärendienst erweisen, wenn er eine Niederlage des ANC bei der nächsten Präsidentschaftswahl in anderthalb Jahren abwenden kann. Unter einem ANC-Präsidenten Mkhize hätte sie der Partei gewiss geblüht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false