
© imago/Eibner/Benjamin Horn/ Eibner-Pressefoto
Belgien macht Atomausstieg rückgängig: Regierung will weitere Reaktoren in Auftrag geben
Ein neues Gesetz in Belgien macht die Verlängerung der Laufzeit von Atomreaktoren möglich. Bisher hat die Regierung allerdings noch kein Energieunternehmen als Vertragspartner.
Stand:
Belgien macht seinen Atomausstieg rückgängig. Das Nationalparlament in Brüssel stimmte am Donnerstag für ein Gesetz der Regierung unter dem Rechtsnationalisten Bart De Wever, mit dem die Laufzeiten der bestehenden Atomreaktoren verlängert werden sollen. Zusätzlich will die Regierung weitere Reaktoren in Auftrag geben.
In Belgien sind derzeit vier Reaktoren in Betrieb: zwei im Kraftwerk Doel an der niederländischen Grenze und zwei im Atomkraftwerk Tihange bei Lüttich, rund 50 Kilometer Luftlinie von der deutschen Grenze entfernt. Ursprünglich sollten die Reaktoren bereits in diesem Jahr abgeschaltet werden, alle vier sind bereits seit Jahrzehnten in Betrieb.
Schon die Vorgängerregierung hatte im Zuge der durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Energiekrise eine Laufzeitverlängerung für die Reaktoren Tihange 3 und Doel 4 beschlossen, beide waren 1985 ans Netz gegangen. Der französische Energiekonzern Engie sagte im März zu, beide Reaktoren für die kommenden zehn Jahre weiterzubetreiben.
Die zwei übrigen Reaktoren Tihange 1 und Doel 2 sind seit knapp 50 Jahren in Betrieb und sollen eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden. Das nun verabschiedete Gesetz macht einen Weiterbetrieb rechtlich möglich, die Regierung müsste allerdings rasch einen Vertragspartner finden.
Auch Frankreich und Schweden wollen neue Anlagen bauen
Der belgische Energieminister Mathieu Bihet kündigte an, dafür Gespräche mit dem Betreiber Engie zu führen. Ob das Unternehmen einen weiteren solchen Vertrag eingehen will, ist allerdings unklar. „Atomkraft ist nicht mehr Teil der Strategie der Engie-Gruppe“, sagte ein Konzernsprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.
Die Kernenergie ist angesichts der Energiekrise durch den Ukraine-Krieg und der Klimaziele EU-weit auf dem Vormarsch. Unter anderem in Frankreich und Schweden sollen zusätzliche Anlagen gebaut werden. Italien will erstmals seit Jahrzehnten wieder ein eigenes Akw bauen.
Die belgische Regierung will damit auch die Klimaziele der EU erreichen. „Wir müssen den Anteil der Atomkraft in unserem Energiemix erhöhen, um CO2-freien Strom zu erzeugen“, sagte Minister Bihet am Donnerstag im Radiosender Bel-RTL.
Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) ist Strom aus Atomkraftwerken nicht C02-neutral: Bei der Errichtung der Kraftwerke, dem Transport des radioaktiven Materials oder dem Betrieb von Zwischen- und Endlagern entstehen CO2-Emissionen. Außerdem sind die Materialien für den Bau – Stahl und Beton – sehr CO2-intensiv. Dem UBA zufolge ist Atomstrom mit Blick auf die Emissionen zwar besser fürs Klima als fossile Energieträger wie Kohle oder Gas, doch immer noch deutlich schädlicher als erneuerbare Energien. (AFP/dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: