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Fünf-Punkte-Plan umfasst 800 Milliarden Euro : Von der Leyen stellt „Plan zur Wiederaufrüstung Europas“ vor
Die EU-Kommission will den Mitgliedstaaten mehr Spielraum für Verteidigungsausgaben geben. Brüssel plant eine Lockerung der Haushaltsregeln sowie neuen Kurs in der Stahlherstellung.
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Die EU-Kommission will in zwei Wochen ihre Strategie für Erhalt und Wandel der europäischen Stahlindustrie vorstellen. Das kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag bei einem Treffen mit Branchenvertretern in Brüssel an: Ihre Behörde werde am 19. März einen „maßgeschneiderten Plan“ für die Unterstützung des Stahlsektors vorlegen.
Von der Leyen erinnerte an die Ursprünge der Europäischen Union, die sogenannte Montanunion oder Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Auch heute noch sei Stahl bedeutend und allgegenwärtig, „von der Windkraft bis zur Verteidigung“, erklärte sie. „Doch die europäischen Stahlhersteller stehen am Scheideweg und müssen sich den Herausforderungen der notwendigen Dekarbonisierung und des teilweise unfairen globalen Wettbewerbs stellen.“
Europäische Unternehmen leiden seit Jahren unter der deutlich günstigeren Konkurrenz aus China und unter gestiegenen Energiepreisen. Zugleich soll die Stahlherstellung auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Zusätzlich erschwert wird die Lage durch die Zollaufschläge für europäische Stahl- und Aluminiumprodukte, die US-Präsident Donald Trump angekündigt hat. Sie sollen ab dem 12. März greifen.
Am Montag hatte sich von der Leyen bereits mit Vertretern der Automobilbranche getroffen und den Konzernen gelockerte EU-Abgasvorschriften in Aussicht gestellt. Am 19. März soll neben der Stahlstrategie auch ein Plan zur Stärkung der europäischen Verteidigung vorgestellt werden
EU-Krisengipfel zur Ukraine
Dies steht im Zusammenhang mit dem zwei Tage vor dem EU-Krisengipfel zur Ukraine von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagen „Plan zur Wiederaufrüstung Europas“.
Der Fünf-Punkte-Plan umfasst eine Lockerung der Schuldenregeln sowie verschiedene Anreize zur Steigerung der Verteidigungsausgaben, wie von der Leyen am Dienstag in Brüssel sagte. Insgesamt könne Europa so „nahezu 800 Milliarden Euro“ mobilisieren, sagte sie. Damit könne die EU sofort ihre Militärhilfe für die Ukraine steigern.
Von der Leyen schlug in einem Schreiben an die europäischen Staats- und Regierungschefs „ein neues EU-Finanzinstrument“ vor, um die Mitgliedsländer bei der Aufrüstung zu unterstützen. Es soll Darlehen in Höhe von 150 Milliarden Euro umfassen, die durch den EU-Haushalt abgesichert sind.
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Damit könnten die Staaten unter anderem Luftabwehrsysteme, Artillerie, Raketen und Munition beschaffen, schrieb sie. „Mit dieser Ausrüstung können die Mitgliedstaaten ihre Unterstützung für die Ukraine massiv ausweiten“, fügte von der Leyen bei einem kurzen Auftritt in Brüssel hinzu.
Zudem schlug die EU-Kommissionspräsidentin vor, die europäischen Schuldenregeln mittels einer nationalen Ausnahmeklausel zu lockern. Dies könne „fiskalischen Spielraum von nahezu 650 Milliarden Euro über einen Zeitraum von vier Jahren schaffen“, sagte von der Leyen. Dies gelte, wenn Mitgliedsländer ihre Verteidigungsausgaben im Schnitt um 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigerten.
Weitere Mittel für Verteidigung könnten nach ihren Worten über den EU-Haushalt generiert werden. So könnten Mitgliedsländer die sogenannten Kohäsionsfonds für die Regionalförderung für die Verteidigung nutzen. Daneben setzt die Kommissionschefin auf weitere Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg, die bisher zivil wie militärisch nutzbare Güter finanziert, sowie auf Anreize für Privatinvestoren.
Baerbock begrüßt Vorhaben
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begrüßt den Vorstoß der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auf der Online-Plattform Bluesky wertet die Grünen-Politikerin das Vorhaben als Quantensprung zur Stärkung der Verteidigung der Europäischen Union. „Die Vorschläge von (Ursula von der Leyen) sind ein wichtiger erster Schritt.“
Auch der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala forderte, dass Europa seine wirtschaftlichen und militärischen Kapazitäten stärken müsse, um die Verantwortung für seine Sicherheit zu übernehmen.
„Investitionen in die Verteidigung müssen erhöht werden. Unsere Sicherheit zu gewährleisten bedeutet auch, unsere Unterstützung für die Ukraine zu intensivieren“, schreibt er auf der Online-Plattform X. „Wir dürfen die aggressive Politik Russlands, die uns alle bedroht, nicht erfolgreich sein lassen.“
US-Präsident Donald Trump hatte am Montag nach Angaben eines Mitarbeiters im Weißen Haus angeordnet, die Militärhilfen der Vereinigten Staaten für die Ukraine auszusetzen. Damit erhöhte er nach einem eskalierten Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Freitag im Weißen Haus den Druck auf Kiew. Selenskyj wird am Donnerstag als Gast auf dem EU-Sondergipfel erwartet.
Die EU-Länder müssen von der Leyens Plänen zustimmen. Ungarn und die Slowakei haben bereits Widerstand gegen eine gemeinsame Gipfelerklärung zugunsten der Ukraine angekündigt. Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán und der slowakische Ministerpräsident Robert Fico unterstützen den Kurs Trumps für eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg und stehen dem russischen Staatschef Wladimir Putin nahe. (Tsp/Reuters/AFP)
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