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Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol

© REUTERS/THE PRESIDENTIAL OFFICE

Nach kurzzeitiger Ausrufung des Kriegsrechts: Opposition in Südkorea stellt Antrag auf Amtsenthebung von Präsident Yoon

Überraschend ruft Südkoreas Präsident Yoon das Kriegsrecht aus – und macht dann einen Rückzieher. Die Opposition leitet nun ein Amtsenthebungsverfahren ein.

Stand:

Nach der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts in Südkorea hat die Opposition ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Yoon Suk Yeol eingeleitet. „Wir haben einen Amtsenthebungsantrag eingereicht, der dringend vorbereitet werden muss“, sagten Vertreter von sechs Oppositionsparteien, darunter die Demokratische Partei DP, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Demnach könnte der Antrag bereits am Freitag zur Abstimmung gestellt werden.

Zuvor hatte die wichtigste Oppositionspartei bereits ein Amtsenthebungsverfahren angedroht, falls der Staatschef nicht zurücktritt. Wenn Yoon „nicht sofort zurücktritt, wird die Demokratische Partei sofort ein Amtsenthebungsverfahren in Übereinstimmung mit dem Willen des Volkes einleiten“, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung.

Die Oppositionspartei kündigte außerdem an, Präsident Yoon Suk Yeol wegen Aufruhrs verklagen zu wollen. „Wir werden Strafanzeige wegen Aufruhrs erstatten“, erklärte die Demokratische Partei (DP) am Mittwoch. Diese werde sich gegen Yoon, seine Innen- und Verteidigungsminister sowie Schlüsselpersonen aus Armee und Polizei richten.

Der wichtigste Gewerkschaftsverband des Landes rief zu einem „unbefristeten Generalstreik“ bis zu einem Rücktritt des Staatschefs auf. Yoon habe „das Ende (seiner) eigenen Macht erklärt“, gab die 1,2 Millionen Mitglieder zählende KFTU am Mittwoch an. Sie warf dem Präsidenten eine „irrationale und antidemokratische Maßnahme“ vor.

Präsidentenberater wollen geschlossen zurücktreten

Derweil erklärten ranghohe Berater des Präsidenten einem Medienbericht zufolge, geschlossen zurücktreten zu wollen. Nach Informationen der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap sollen dazu unter anderem der Stabschef des Präsidenten sowie der nationale Sicherheitsberater gehören. Insgesamt wollen demnach zehn ranghohe Berater Yoons zurücktreten. Die Opposition forderte den Präsidenten selbst zum sofortigen Rücktritt auf.

Zuvor hatte der Staatschef wenige Stunden nach der überraschenden Ausrufung des Kriegsrechts angekündigt, die Maßnahme infolge eines Parlamentsvotums wieder zurückzunehmen. „Soeben hat die Nationalversammlung die Aufhebung des Ausnahmezustands gefordert, und wir haben das Militär abgezogen, das für den Einsatz unter Kriegsrecht eingesetzt war“, erklärte Yoon in einer Fernsehansprache. „Wir werden der Bitte der Nationalversammlung nachkommen und das Kriegsrecht in einer Kabinettssitzung aufheben“, fügte er hinzu.

Zuvor hatten die USA erklärt, sie unterstützen das Votum der Parlamentsabgeordneten in Seoul zur Aufhebung des von Präsident Yoon Suk Yeol ausgerufenen Kriegsrechts. „Natürlich hoffen und erwarten wir, dass die Gesetze und Vorschriften eines Landes eingehalten werden. Das gilt auch für die Abstimmung in der Nationalversammlung“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, am Dienstag vor Journalisten in Washington. Nach der Rücknahme des Kriegsrechts äußerte sich Washington erleichtert.

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Das Parlament hatte gegen das von Präsident Yoon Suk Yeol überraschend ausgerufene Kriegsrecht gestimmt. Bei einer Abstimmung am späten Dienstagabend (Ortszeit) forderte die Kammer, dass das Kriegsrecht aufgehoben wird, wie live im Fernsehen zu sehen war. 190 der 300 Abgeordneten waren anwesend und stimmten einstimmig gegen die Maßnahme.

Yoon hatte die Ausrufung des Kriegsrechts damit erklärt, dass er „ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen“ schützen wolle.

Vorwürfe der nordkoreanischen Unterwanderung

Die Regierungsarbeit sei aufgrund von Verstößen der Opposition gelähmt, sagte Yoon am Dienstagabend in einer im TV übertragenen Rede. Das Parlament sei „ein Zufluchtsort für Kriminelle geworden, ein Hort für eine legislative Diktatur, die das juristische und administrative System lähmen und unsere liberale demokratische Ordnung stürzen will“, sagte Yoon.

Mithilfe des Kriegsrechts sollten pro-nordkoreanische Elemente entfernt werden und ein freies und demokratisches Land wiederherstellt werden.  Die US-Regierung steht wegen der aktuellen Ereignisse in Südkorea mit der Regierung in Seoul in Kontakt. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates sagte am Dienstag in Washington, die US-Regierung beobachte „die Situation genau“.

Er warf der Opposition vor, Gelder für die Kernaufgaben des Staates wie etwa die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zusammenzustreichen und damit einen „Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit“ zu schaffen. „Ich werde das Land zur Normalität zurückführen, indem ich es so schnell wie möglich von anti-staatlichen Kräften befreie.“

Das letzte Mal wurde das Kriegsrecht zu Zeiten der Militärdiktatur verhängt. Es ermöglicht drastische Einschnitte in die Bürgerrechte des demokratischen Landes.Wie die amtliche Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, wurde der Zugang zum Parlament, der Nationalversammlung in Seoul kurz danach von Soldaten blockiert.

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Parlamentspräsident Woo Won Shik hatte Militär und Polizei dazu aufgefordert, Ruhe zu bewahren. Alle Mitglieder der Nationalversammlung sollten sich in der Plenarhalle des Parlamentsgebäudes einfinden. Fotos aus sozialen Medien zeigten Handgemenge zwischen Soldaten und Zivillisten.

Internationales im Video sehen Sie hier

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Auch aus der Regierungspartei kommt Kritik

Die Opposition hatte die Maßnahmen scharf kritisiert. Oppositionsführer Lee Jae Myung bezeichnete das ausgerufene Kriegsrecht laut einem Yonhap-Bericht als „verfassungswidrig“ und unbegründet.

Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden Partei, Han Dong Hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als „falsch“. Man werde es „gemeinsam mit dem Volk stoppen“, sagte Han.

Yoon Suk Yeol steht seit Monaten innenpolitisch unter Druck. Zuletzt hat ein mutmaßlicher Korruptionsskandal rund um seine Ehefrau seine Beliebtheitswerte weiter gedrückt. Zudem streitet die amtierende Partei mit der Opposition um das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr.

Südkorea befindet sich mit Nordkorea technisch gesehen seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell weiter im Kriegszustand, da der Konflikt mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag endete. Beide Länder trennt eine etwa vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone.

Seit Monaten haben sich zudem die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel erhöht. Nordkorea baute in den vergangenen zwei Jahren seine Raketentests deutlich aus und verschärfte seine Rhetorik gegen die USA und Südkorea. (Trf/dpa/AFP/Reuters)

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