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Die EU muss das verhindern: Trumps Plan bedeutet die Kapitulation der Ukraine
Der 28-Punkte-Plan sollte Deutschland und Europa in Alarmstimmung versetzen. Er macht einen Angriff Putins auf europäische Nato-Staaten in naher Zukunft wahrscheinlicher.

Stand:
Jetzt wird es gefährlich: für die Ukraine, aber auch für Deutschland und Europa. Die Vertrauten von Donald Trump und Wladimir Putin haben einen Plan ausgehandelt, wie der Ukrainekrieg enden soll. Die Ukraine war nicht beteiligt, Europa auch nicht.
Diese 28 Punkte werden keinen haltbaren Frieden bringen. Die Ukraine soll Gebiete abtreten – mehr noch, als Putins Truppen besetzt halten, darunter den ukrainischen Verteidigungsriegel, der den russischen Vorstoß auf Kiew bisher verhindert. Die Ukraine soll nur noch eine begrenzte Armee haben dürfen. Waffensysteme, die Moskau abschrecken könnten, werden ihr verboten.
Unterwerfung unter russische Dominanz
In der Summe bedeutet Trumps Plan die Kapitulation der Ukraine, ihre Wehrlosigkeit für die Zukunft und damit die Unterwerfung unter russische Dominanz. Wie soll das verlässlichen Frieden bringen?
Die Lage erinnert an das Appeasement des britischen Premiers Chamberlain in München 1938, um Hitler zu besänftigen. Jetzt droht Ähnliches. Wer glaubt ernsthaft, dass Putin sich mit der Ukraine begnügt?
Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Tagesspiegel-Chefredaktion
Die Lage erinnert an das Appeasement des britischen Premiers Chamberlain in München 1938. Um Hitler zu besänftigen, ließ er sich auf die Aufteilung der Tschechoslowakei ein. Der große Krieg kam ein Jahr später.
Jetzt droht Ähnliches. Wer glaubt ernsthaft, dass Putin sich mit der Ukraine begnügt? Er hat immer wieder bekräftigt, was er anstrebt: die Wiederherstellung des sowjetischen Einflussbereichs. Er hat dafür mehrere Kriege geführt, in Tschetschenien, in Georgien, in der Ukraine seit 2014.
Wenn der Westen Putin die Ukraine überlässt, würde der sich in seinem Bild bestätigt sehen. Westliche Demokratien sind schwach und dekadent. Sie reden von Werten, sind aber nicht bereit, für sie einzutreten, sobald dies zu Abstrichen an der gewohnten Wohlstandsruhe führt – geschweige denn, für ihre Freiheit und die ihrer Verbündeten zu kämpfen.
Was folgt danach: Angriff auf Litauen?
Putins Ziele schließen die baltischen Staaten ein, die heute Mitglieder der EU und der Nato sind. Spätestens da wird es todernst für Deutschland. In der Arbeitsteilung der Nato für den Schutz der Ostflanke ist die Bundeswehr die Schutzmacht für Litauen.
Die neue Bundesregierung nimmt diese Bedrohung zu Recht ernster als die Ampel-Koalition und möchte eine glaubwürdige Abschreckung aufbauen. Das wird dauern. Bisher schenken die Ukrainer den Deutschen und anderen Europäern die Zeit, die sie vertrödelt haben.
Solange die Ukraine kämpft, kann Putin wohl kaum einen zweiten Krieg parallel führen. Doch sobald dort „Frieden“ einkehrt, hätte Putin freie Hand.
Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Tagesspiegel-Chefredaktion
Solange die Ukraine kämpft, und die Europäer ihr geben, was sie dafür braucht, bindet sie Putins Truppen dort. Einen zweiten Krieg parallel zur Ukraine kann die russische Armee wohl kaum führen. Doch sobald dort dank eines Deals mit Trump „Frieden“ einkehrt, hätte Putin freie Hand.
Sieht Trump diese Gefahr nicht? Er ist verliebt in sein Selbstbild vom „Dealmaker“ und „Friedensstifter“, der den Nobelpreis verdient. Warnenden Stimmen, ob in Europa oder in den USA, schenkt er kurz Gehör und ignoriert sie bald wieder. Er meint zudem, er habe einen speziellen Draht zu Putin. Dabei sieht der in Trump offenbar einen nützlichen Idioten.
Europa muss sich Trumps Diktat widersetzen
Diese Entwicklung sollte Deutschland und Europa in Alarmstimmung versetzen. Das „Litauen-Szenario“ ist nicht zwangsläufig. Aber es gehört zu den realen Bedrohungen und lässt sich am besten verhindern, wenn Deutschland sich auf den „Worst Case“ vorbereitet.
Was also können Deutschland und Europa tun? Sie dürfen sich Trumps Friedensdiktat nicht beugen. Sie müssen Mitsprache einfordern. Werden sie das durchhalten: die Ukraine auch dann weiter zu unterstützen, wenn sie Trumps Zorn auf sich ziehen und womöglich Sanktionen riskieren? Der Ausgang des Kräftemessens bei den Strafzöllen ist noch in böser Erinnerung.
Europa muss es darauf ankommen lassen. Denn jetzt geht es wirklich um Krieg, nicht nur „Handelskrieg“. Mit der Einbeziehung der Ukraine und der EU in die Gespräche kann Europa zudem Zeit gewinnen – und diese nutzen, um sich militärisch so aufzustellen, dass dies Putin abschreckt.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagt, dass sich das Blatt gerade wendet. Im vierten Kriegsjahr haben die Europäer ihre Anstrengungen so verstärkt, dass sie ihrem Ziel näherkommen: Russland muss früher aufgeben als die Ukraine, weil das Bündnis EU-Ukraine den Konflikt länger durchhalten will. Und kann.
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