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Brigitte Macron wird seit Jahren in den Sozialen Medien verleumdet.

© imago/IP3press/IMAGO/Alexis Sciard

Update

Cybermobbing belastet Gesundheit von Brigitte Macron: „Es vergeht nicht eine Woche, ohne dass jemand sie auf diese Gerüchte anspricht“

Seit Jahren wird behauptet, die französische Präsidentengattin sei ein Mann. Ihre Tochter berichtet vor Gericht, wie sich das anfühlt. Die Angeklagten verstehen den Wirbel nicht.

Stand:

Die Angeklagten gaben sich allesamt überrascht, dass sie sich diese Woche vor Gericht wiederfinden.

Auslöser war eine Klage der Ehefrau des französischen Präsidenten, Brigitte Macron, die seit Jahren Cybermobbing ausgesetzt ist: In den verbreiteten Verschwörungstheorien geht es meist darum, dass die 72-Jährige angeblich als Mann geboren und eine Transfrau sei.

Zwar hatten die sechs Männer rund zwei Frauen in den Sozialen Netzwerken fleißig Gerüchte über das Geschlecht der Präsidentengattin Brigitte Macron geteilt oder sie als Trans-Person dargestellt. Die Beziehung zu dem 24 Jahre jüngeren Emmanuel Macron, den sie als 15-Jährigen kennenlernte, haben sie in die Nähe der Pädophilie gerückt.

Keiner Schuld bewußt

Aber als die Angeklagten im Alter von 41 bis 60 Jahren am Montag und Dienstag in Paris vor Gericht erscheinen mussten, konnten sie keine Vergehen oder Straftaten erkennen.

Großes Medieninteresse: Der Verteidiger Dylan Slama spricht im Gericht mit der Presse.

© IMAGO/ABACAPRESS/IMAGO/Poitout Florian/ABACA

Brigitte Macron habe doch selbst gar kein X (früher Twitter)-Konto, da könne sie doch gar nicht lesen, was er schreibe, verteidigte sich der Informatiker Jerome A. Er selbst habe zudem nur wenige Follower.

Angesprochen auf Fotos der Präsidentengattin, die er veröffentlichte, um ihre angebliche Transsexualität zu beweisen, kommentiert er mit den Worten: „Das sind Fragen zur Identität von Frau Macron, die alle beschäftigen“.

Die dreifache Mutter Brigitte Macron könnte sie leicht aus der Welt schaffen, wenn sie Fotos veröffentlichte, auf denen ihre Schwangerschaft zu erkennen sei. Das Publikum im Saal applaudiert.

Alles nur Satire?

Wie auch andere Angeklagte beruft Jerome A. sich auf die Meinungsfreiheit im Sinne von „Charlie Hebdo“ – der Satirezeitschrift, auf deren Redaktion Islamisten 2015 Terroranschläge verübt hatten, nachdem sie eine Karikatur des Propheten Mohammed wiedergegeben hatte.

Bekenntnis zur Meinungsfreiheit in Frankreich: Demonstration nach den Anschlägen auf die Satirezeitung Charlie Hebdo.

© AFP/THOMAS SAMSON

Die Ermordung der 17 Mitarbeiter hatte eine Welle der Solidarität in Frankreich ausgelöst und zu einem starken Bekenntnis zur Meinungsfreiheit geführt.

Jüngste Tochter sagt vor Gericht aus

Brigitte Macron wird seit der Wahl ihres Mannes zum Präsidenten im Jahr 2017 mit derartigen Verleumdungen überzogen. Auch der Altersunterschied des Paares lässt vielen Menschen keine Ruhe. Lange hatte sie diese ignoriert, aber als sie auch in den USA die Runde machten, entschloss sie sich wohl zur Klage.

Vor Gericht erschienen ist Brigitte Macron nicht. Allerdings ist ihre jüngste Tochter Tiphaine Auziere am Dienstag als Zeugin der Anklage aufgetreten.

Tiphaine Auziere, die jüngste Tochter von Brigitte Macron, berichtet über die Auswirkungen der Verschwörungstheorien auf ihre Mutter.

© dpa/Christophe Ena

Sie legt dar, wie die jahrelangen Verleumdungen „die Lebensbedingungen und die Gesundheit ihrer Mutter“ verschlechtern. „Es vergeht nicht eine Woche, ohne dass jemand sie auf diese Gerüchte anspricht“, sagte die 41-jährige Juristin.

Auziere beschreibt, wie ihre Mutter systematisch darauf achten müsse, wie sie sich kleide, welche Gesten sie mache, um die Verdrehungen und Verleumdungen nicht anzuheizen. Damit widersprach sie indirekt der Verteidigung einiger Angeklagter, die sich damit herausgeredet hatten, wie unwichtig ihre eigenen X-Konten seien.

Es vergeht nicht eine Woche, ohne dass jemand sie auf diese Gerüchte anspricht.

Tiphaine Auziere, Tochter von Brigitte Macron vor Gericht

In ihrer Klageschrift hatte Brigitte Macron laut französischen Medien bereits dargelegt, dass sie sich gemobbt fühle. Bei jeder Auslandsreise werde sie auf die Trans-Gerüchte angesprochen; das sei nicht nur für sie unerträglich, sondern schade auch dem Image ihres Landes.

Tom Clare, Brigitte Macrons Anwalt in einem parallelen Verfahren in den USA, erklärte, seine Mandantin empfinde die Diffamierungen als „extrem verstörend“ und sie seien auch eine „Ablenkung“ für ihren Ehemann, den französischen Präsidenten. Brigitte Macron werde in den USA wissenschaftliche Beweise dafür vorlegen, dass sie eine Frau ist, kündigte Clare in einem Interview an.

Ursprung der Verschwörungstheorien

Im Gerichtssaal in Paris geschwiegen hat die sonst eher redselige 51-jährige Delphine J., die sich nur unter dem Pseudonym Amandine Roy als „Medium“, „Journalistin“ und „Whistleblowerin“ vorstellte.

Sieht sich als „Journalistin“ und „Medium“ und unschuldig: Delphine J.

© AFP/GUILLAUME BAPTISTE

Sie hatte ein vierstündiges „Interview“ mit der Verschwörungstheoretikerin Natacha Rey publiziert, die von anderen Usern als „Quelle“ für die Theorie benutzt wurde, dass Brigitte Macron, geborene Trogneux, in Wahrheit ihr eigene Bruder Jean-Michel sei. Dass der heute 80-Jährige munter sein eigenes Leben führt, stört dabei nicht: 500.000 Menschen sahen sich allein in den ersten Tagen dieses Video an.

In einem gesonderten Prozess gegen die Delphine J. und Natacha Rey konnte das Gericht allerdings nicht feststellen, dass die Unterstellung, eine Transfrau zu sein, eine Diffamierung darstelle.

Verbreitung auch in den USA

Den größten Einfluss auf die weltweite Verbreitung dieser Fakenews hat wohl der 41-jährige Autor Aurélien Poirson-Atlan, der unter dem Pseudonym Zoé Sagan bekannt ist.

Das X-Konto von Autor Aurélien Poirson-Atlan, auch als Zoe Sagan bekannt, ist inzwischen gesperrt.

© AFP/GUILLAUME BAPTISTE

Sein X-Konto, das mehrfach mit Verschwörungskreisen in Verbindung gebracht wurde, ist mittlerweile gesperrt.

Seine Kooperation mit der rechtspopulistischen Podcasterin Candace Owens, Autorin einer Videoreihe mit dem Titel „Becoming Brigitte“ („Brigitte werden“), hat die Verleumdungen auch in den USA verbreitet.

Die Aktivistin und politische Kommentatorin hatte unter anderem auf X, wo ihr fünf Millionen Personen folgen, geschrieben: „Nachdem ich diesen Fall studiert habe, setze ich meine gesamte Reputation aufs Spiel und sage: Brigitte Macron ist tatsächlich ein Mann.“

Daher hat Brigitte Macron auch in den USA Klage eingereicht. Die französische Staatsanwaltschaft hat am Dienstagabend nach zwei Tagen Anhörung Strafen von drei bis 12 Monaten Gefängnis auf Bewährung für neun der zehn Angeklagten gefordert.

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