
© AFP/ALEXANDER KAZAKOV
„Das wird uns nicht zufriedenstellen“: Russland lehnt offenbar bereits jetzt neuen Friedensplan kategorisch ab
Aktuell beraten Selenskyj, US-Vertreter und europäische Verbündete in Berlin über einen möglichen Friedensplan im Ukrainekrieg. Doch Moskau zeigt sich wenig interessiert an Europas Positionen.
Stand:
Noch bevor sich die Ukraine bei Gesprächen in Berlin mit US-amerikanischen und europäischen Vertretern auf eine neue Fassung eines möglichen Friedensplans im anhaltenden Ukrainekrieg geeinigt hat, bereitet Moskau offenbar schon die systematische Ablehnung der Vorschläge vor. Das geht aus einem Bericht der US-amerikanischen Denkfabrik „The Institute for the Study of War“ (ISW) hervor, der am Sonntag veröffentlicht wurde.
Die Europäer spielen ihr eigenes Spiel. Es sieht so aus, als wollten sie eine Fortsetzung des Krieges.
Dmitri Peskow, Kremlsprecher
Dem ISW zufolge „schafft der Kreml bereits jetzt Bedingungen für die Ablehnung der ukrainischen und europäischen Friedensplanentwürfe“. Bereits zuvor hatte Moskau bei einem von den USA vorgeschlagenen 28-Punkte-Friedensplan wichtige Punkte abgelehnt, obwohl die erste Fassung Experten und westlichen Verbündeten zufolge schon als sehr kremlfreundlich galt.
Russischer Präsidentenberater will „sehr entschieden Einspruch erheben“
Das ISW beruft sich mit seiner Annahme auf Aussagen des russischen Präsidentenberaters und Diplomaten Juri Uschakow. Am Sonntag äußerte er sich in einem TV-Interview mit dem Journalisten Pawel Sarubin über den derzeit stattfindenden Ukraine-Gipfel in Berlin.
Uschakow sagte der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge: „Ich glaube nicht, dass der Beitrag von Ukrainern und Europäern zu diesen Dokumenten konstruktiv sein wird – und das ist das Problem.“
Die Aufnahme von ukrainischen Lösungen in einem möglichen Friedensplan will Russland demnach nicht akzeptieren. „Sollten entsprechende Änderungen vorgenommen werden, werden wir sehr entschieden Einspruch erheben, da wir unseren Standpunkt bereits sehr klar dargelegt haben“, betonte er.
„Es wird einige für uns völlig inakzeptable Bestimmungen geben, darunter auch zu territorialen Fragen“, erklärte er weiter. Auf die Frage von Sarubin, ob er damit die Möglichkeit einer entmilitarisierten Zone in der sogenannten Volksrepublik Donezk meine, antwortete Uschakow: „Nicht nur.“
Die Frage der Territorien sei in Moskau bereits intensiv diskutiert worden. „Die Amerikaner kennen unsere Position und verstehen sie auch“, betonte Uschakow. „Was nach diesen Konsultationen auf dem Papier stehen wird, weiß ich nicht. Aber es wird wohl kaum etwas Gutes sein“, so der Präsidentenberater.
Kremlsprcher Peskow fordert Sicherheitsgarantien
Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow äußerte sich am Sonntag zu den in Berlin stattfindenden Friedensplan-Gesprächen. Wie Tass berichtete, konfrontierte Journalist Sarubin den 58-Jährigen mit der Möglichkeit, dass die Ukraine zwar ein Friedensabkommen unterzeichnen, sich anschließend aber nicht an die Vereinbarungen halten könnte. Peskow erklärte daraufhin, dass Moskau eine solche „Sabotage“ nicht dulden werde.

© dpa/Alexei Nikolsky
„Das wird uns nicht zufriedenstellen“, betonte er und verwies darauf, dass Kiew bereits beim sogenannten Minsker Abkommen von 2015 vertragsbrüchig geworden sei. Damals sah ein Friedensplan die Beendigung eines militärischen Konflikts beider Parteien in der Ostukraine mittels eines Waffenstillstands vor.
Was nach diesen Konsultationen auf dem Papier stehen wird, weiß ich nicht. Aber es wird wohl kaum etwas Gutes sein.
Juri Uschakow, Kremlberater
Allerdings hielt sich damals auch Russland nicht an eine vollständige Waffenruhe und weigerte sich, seine Truppen und Waffen abzuziehen. Durch Wladimir Putins Invasion in die Ukraine am 24. Februar 2022 wurde das Abkommen ohnehin hinfällig.
Peskow fordertebereits am Sonntag „ein gewisses Garantiesystem“, das nicht nur Russlands Sicherheit, sondern „auch die Umsetzung dieser Vereinbarungen“ regeln soll. Die Position Washingtons sei dem Kremlsprecher zufolge sehr wichtig. Man sei schlichtweg nicht daran interessiert, die europäische Position zum Friedensabkommen zu überprüfen, betonte er.
Bei der Suche nach einer „friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ukraine“ sei man an der Position der amerikanischen Partner interessiert und nicht an der europäischen Sichtweise, sagte Peskow Tass zufolge ebenfalls am Sonntag. „Die Europäer spielen ihr eigenes Spiel. Es sieht weiterhin so aus, als wollten sie eine Fortsetzung des Krieges, aber hier orientieren wir uns natürlich eher an unseren Partnern in Washington“, sagte der Kremlsprecher.

© REUTERS/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE
Am Montagnachmittag sagte Peskow, dass er über die laufenden Beratungen der USA mit den Europäern und den Ukrainern in Berlin bisher nicht unterrichtet worden sei. „Erst danach, wenn sie ihre Arbeit abgeschlossen haben, erhalten wir von unseren amerikanischen Gesprächspartnern die Sichtweise, die heute erörtert wird.“ Auf die Frage von Journalisten, ob eine Friedenslösung bis Weihnachten gefunden werden könne, sagte Peskow nur, dass er keine konkreten Daten nennen wolle.
Friedensverhandlungen: Auf welche Punkte beharrt Russland?
Ein juristisch verbindlicher Verzicht der Ukraine auf den Beitritt zur Nato ist nach Angaben aus Moskau zentraler Punkt bei den Verhandlungen. „Natürlich ist die Frage einer der Eckpfeiler und sie unterliegt besonderer Erörterung vor dem Hintergrund der übrigen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut russischen Nachrichtenagenturen.
Daneben hatte Russland bisher von der Ukraine für ein Kriegsende auch in vorherigen Verhandlungen stets gefordert, Gebiete abzutreten.
Peskow bekräftigte am Montag erneut, dass Moskau vor dem Einstellen der Kampfhandlungen auf Erfüllung seiner Forderungen beharre. Putin sei bereit für einen Frieden. „Er ist absolut nicht offen für irgendwelche Tricks, die darauf zielen, Zeit zu schinden und künstliche befristete Atempausen zu schaffen“, sagte er. Moskau stellt die von Kiew geforderte Waffenruhe für Verhandlungen als Atempause für die ukrainische Armee dar, die damit wiederbewaffnet und neu aufgestellt werden könne. (mira, dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: