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Die Nationalgarde in Los Angeles.

© Getty Images via AFP/JIM VONDRUSKA

„Deeskalation sollte das Gebot der Stunde sein“: Das sagen internationale Medien zum Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles

Der US-Präsident stockt die Einsatzkräfte in der kalifornischen Stadt auf und schickt auch Elitesoldaten. Einige Medien sehen darin eine neue Eskalationsstufe unter Trump, andere eine Chance für die Demokraten.

Stand:

Als Reaktion auf Proteste in Los Angeles gegen seine Migrationspolitik hat US-Präsident Donald Trump die Nationalgarde mobilisiert. Dazu schreiben internationale Medien am Dienstag:

„Financial Times“ (Großbritannien):

„Das Eingreifen war anscheinend darauf ausgerichtet, einen Showdown herbeizuführen und ein Bild des Chaos zu zeichnen (…). Vor allem aber werden damit die Bemühungen der Regierung verstärkt, die Befugnisse des Präsidenten auf Kosten des Kongresses und der US-Bundesstaaten auszuweiten. (...)

So wird ein besorgniserregender Präzedenzfall geschaffen, der darauf hinausläuft, dass der Präsident den Einsatz von nationalen Streitkräften in einem Bundesstaat anordnen kann. Das ist auch eine Warnung an andere demokratisch regierte Bundesstaaten und Städte, dass sie ähnlich behandelt werden könnten, wenn sie versuchen, Deportationen zu verhindern. (...)“

„Washington Post“ (USA):

„Ab jetzt sollte Deeskalation das Gebot der Stunde sein. Unglücklicherweise sehen (US-Präsident Donald) Trump und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom (Demokrat) offenbar auch Vorteile in einer Konfrontation. Die Trump-Seite droht mit Newsoms Verhaftung, und der Gouverneur durchschaut ihren Bluff, indem er sie dazu drängt. (...)

Die Bilder aus Los Angeles spielen Trumps größte politische Stärke aus: die weit verbreitete Ablehnung gegen illegale Einwanderung. Newsom hingegen scheint zu versuchen, eine derart extreme Überreaktion des Präsidenten zu provozieren, die selbst Amerikaner, die sein hartes Vorgehen gegen die Einwanderung ansonsten unterstützen, vergraulen könnte.“

„Wall Street Journal“ (USA):

„Werden die Demokraten jemals eine politische Lektion in Bezug auf Einwanderung und Kriminalität lernen? Danach sieht es nicht aus, wenn man ihre Reaktion auf die Migrationsproteste in Los Angeles betrachtet, die am Sonntagabend in Gewalt ausarteten. Das Chaos auf den Straßen wird die öffentliche Unterstützung für eine harte und restriktive Politik nur verstärken. (...)

Gouverneur Newsom und die demokratische Stadtführung hätten versuchen können, die Lage zu entschärfen, indem sie die Gewalt klar verurteilen und betonen, dass Gesetzesbrecher verhaftet werden. Stattdessen geben sie Trump die Schuld für ihr eigenes Versagen, für Ordnung zu sorgen.“

„Irish Times“ (Irland):

„Die Trump-Administration sagt, die USA seien mit einer ‚Invasion‘ konfrontiert und dass eine Rebellion oder ein Aufstand ihre Existenz bedrohe. Selbst nach den Maßstäben von Trumps hyperbolischer Rhetorik sind diese überzogenen Behauptungen außergewöhnlich. (…)

„de Volkskrant“ (Niederlande):

„Eines der 14 Merkmale des Faschismus, die der italienische Schriftsteller Umberto Eco einst auflistete, ist die Anwendung von Gewalt. Die Einschüchterung von politischen Gegnern und mutmaßlichen Feinden wird auf die Spitze getrieben. Mit dem Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles unternimmt US-Präsident Donald Trump einen weiteren Schritt in diese Richtung.

Ausschlaggebend ist dabei die Wahrnehmung eines zu bekämpfenden Feindes. So gesehen ist diese Operation gut gewählt: Sie zielt gleich auf mehrere vom Trumpismus geschaffene Feindbilder ab. Zuallererst geht es dabei gegen Migranten. Fremdenfeindlichkeit ist die Grundlage von Trumps Präsidentschaft. (…) Trump hatte einst versprochen, keine unnötigen Kriege im Ausland mehr zu führen. Stattdessen setzt er jetzt ohne Not Soldaten im eigenen Land ein.“

Ein Demonstrant legt Feuer während der Proteste gegen die Razzien der Trump-Administration gegen Einwanderer in Los Angeles.

© dpa/Ethan Swope

„Nesawissimaja Gaseta“ (Russland):

„Die Unruhen in Kalifornien (…) könnten der Demokratischen Partei in die Hände spielen, deren Position stärken und ihr etwas geben, das den Demokraten lange gefehlt hat – einen Führer, der sich an die Spitze des Protests gegen Trump setzt. Der Präsident der USA und der Gouverneur des Bundesstaates, Gavin Newsom, liegen in einem schweren Konflikt. Die kalifornischen Behörden werfen Trump vor, die Unruhen provoziert zu haben, und haben ihn angezeigt. Und Vertreter der Mannschaft des Präsidenten drohen Newsom öffentlich mit Festnahme wegen seines Widerstands im Kampf gegen die Unruhen und die illegale Migration.“

„Corriere della Sera“ (Italien):

„Die Gewalt in Los Angeles in diesen Tagen ist nicht im Entferntesten mit den schrecklichen Episoden der Vergangenheit vergleichbar, als amerikanische Städte in den 1960er, 1970er, 1980er und 1990er Jahren oder in jüngster Zeit nach der Ermordung von George Floyd im Frühjahr/Sommer 2020 mit Blut überzogen wurden. Auch das politische Umfeld ist ein anderes. (...)

Trump glaubt, dass es ihm Unterstützung bringen wird, wenn die Demokraten mit einer laxen Politik gegenüber illegaler Einwanderung und gewalttätigen Demonstrationen in Verbindung gebracht werden.“

„La Vanguardia“ (Spanien):

„Die Lage in Los Angeles beginnt besorgniserregend zu werden angesichts der Konfrontation zwischen Demonstranten und Ordnungskräften. (...) Hoffentlich setzt sich die Vernunft durch und Trump sucht nicht nach Vorwänden, um mit seinen politischen Gegnern abzurechnen und sich eine weitere Amtszeit zu sichern.“ (dpa)

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