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Billionen-Etat der EU : EU-Haushaltspläne erregen den Zorn der Bauern
Die EU-Kommission hat in Brüssel den neuen, mehrjährigen Haushaltsplan vorgestellt. Landwirte und Vertreter der Regionen befürchten massive Einbußen.
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In Brüssels Innenstadt sind wieder einmal aufgebrachte Landwirte unterwegs. Rund 200 Traktoren blockierten am Mittwoch die Straßen in Richtung Europaviertel. Dort stellte zur selben Zeit die EU-Kommission ihren Plan für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Zeit von 2028 bis 2034 vor.
Den Zorn der Bauern erregte, dass sie sich in den kommenden Jahren auf Veränderungen bei den milliardenschweren Zahlungen aus Brüssel einstellen müssen. In dem neuen langfristigen Haushalt der EU sollen der Geldtopf für die Agrarpolitik mit anderen Politikbereichen verschmelzen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte in Brüssel mit, dass der Etat für die Jahre 2028 bis 2034 rund zwei Billionen Euro umfasse – etwa 700 Milliarden Euro mehr als für die laufende Budgetperiode –, das zusätzliche Geld aber Investitionen in Sicherheit und Verteidigung ermöglichen solle.
Zur Unterstützung der Einkommen der Landwirte stelle sie 300 Milliarden Euro bereit, sagte von der Leyen. Damit wäre im EU-Haushalt weniger Geld für Landwirte vermerkt als bisher, die 27 Mitgliedsländer können das Budget aber aus anderen Töpfen aufstocken.
Fehleranfällig, unproduktiv, ineffizient
Bisher fließen zwei Drittel des Budgets in die Förderung der Landwirtschaft und den Kohäsionsfonds zur Unterstützung der strukturschwachen Regionen. Mehrere Anläufe, diesen Bereich neu aufzustellen liefen ins Leere, da sich die Staaten nicht auf Kürzungen einigen konnte. Dabei gilt die Vergabe der finanziellen Mittel als fehleranfällig, unproduktiv und ineffizient.
Aufregung über die Haushaltspläne der Kommission herrscht auch in den Bundesländern in Deutschland. Dort gilt die Reform als Versuch, die Städte und Regionen zu umgehen und die Macht der nationalen Hauptstädte zu stärken. Bislang können die Bundesländer selbst über die EU-Fördermittel verfügen, künftig würden sie dann von Berlin zugewiesen.
„Die geplante Zentralisierung der europäischen Kohäsionspolitik ist kein Befreiungsschlag für die EU, sondern ein Rückschritt“, warnt deshalb Nicole Hoffmeister-Kraut, Wirtschaftsministerin in Baden-Württemberg. Die Regionen wüssten am besten, wie sie die europäischen Mittel zielgerichtet und zukunftsorientiert einsetzen. „Daher ist eine direkte Verwaltung der Mittel durch sie richtig und wichtig“, betont sie.
Besondere Sorgen bereitet dem industriestarken Bundesland der „drohende Bedeutungsverlust“ des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. „Hier investieren wir derzeit mehr als eine viertel Milliarde Euro an europäischen Fördermitteln in die Innovationsfähigkeit Baden-Württembergs“, betont Hoffmeister-Kraut. Sie befürchtet, dass diese Geldquelle nach der Reform des EU-Haushaltes versiegen könnte.

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Ins selbe Horn stößt der sächsische EU-Politiker Oliver Schenk (CDU). Es dürfe nicht sein, dass die Kommission künftig nur noch mit den Regierungen der Länder verhandelt und die Regionen außen vor bleiben, sagte er. Europa werde nicht stärker, wenn man die Regionen schwäche. Nur vor Ort sei klar, wo die tatsächlichen Probleme liegen, sagte Schenk. „Das hat uns immer stark gemacht, wenn Regionen untereinander im Wettbewerb sind.“
Das Mikroelektronik-Cluster in Dresden hätte sich in dieser Form wohl nicht so entwickelt, wäre es allein von Berlin aus gesteuert worden. Das sei vielmehr eine bewusste Entscheidung der damaligen sächsischen Regierung in den 1990er Jahren gewesen.
Auch die Europaparlamentarierin Monika Hohlmeier (CSU) hält die Pläne der EU-Kommission für „in Teilen bedenklich“. Sie begrüßt die Stärkung von Forschung und Innovation, kritisiert aber, „der Trend zu gigantischen Einzelfonds in Kombination mit nationalen Plänen droht die Landwirtschafts- und Regionalpolitik zum Spielball nationaler Regierungen zu machen“.
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