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„Ein weiterer düsterer Meilenstein“ : Mehr als 50 Tote bei Angriff auf ostukrainisches Dorf
Bei dem Angriff auf das Dorf Hrosa am Donnerstag ist nach Angaben von Präsident Selenskyj ein Sechstel der Dorfbevölkerung ums Leben gekommen. UN und EU verurteilen den Angriff scharf.
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Im ostukrainischen Gebiet Charkiw wurden bei dem russischen Angriff auf das Dorf Hrosa am Donnerstag nach Behördenangaben mindestens 51 Menschen getötet. Unweit der Stadt Kupjansk seien ein Café und ein Lebensmittelgeschäft getroffen worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Unter den Toten sei auch ein sechs Jahre altes Mädchen. Sechs weitere Menschen wurden demnach verletzt.
Zum Zeitpunkt des Angriffs hatten die Dorfbewohner sich ukrainischen Behörden zufolge in dem Café zu einer Trauerfeier für einen gestorbenen Mitbürger versammelt.
Selenskyj: ein Sechstel der Dorfbewohner getötet
Die Bergungsarbeiten wurden am Abend abgeschlossen, hieß es, weitere Opfer seien unter den Trümmern nicht gefunden worden. Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj lebten in Hrosa zuletzt etwas mehr als 300 Menschen. Der schlimmste russische Angriff, den es seit Kriegsbeginn im Gebiet Charkiw gab, löschte damit ein Sechstel des Dorfes aus.
Das russische Militärpersonal kann nicht im Unklaren darüber gewesen sein, wo es zuschlug. Das war keine blinde Attacke.
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident
Russlands Armee sei „das absolut Böse“, sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner abendlichen Videoansprache. Russland ziele im Gebiet Charkiw bewusst auf Zivilisten. „Das russische Militärpersonal kann nicht im Unklaren darüber gewesen sein, wo es zuschlug. Das war keine blinde Attacke.“

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UN sieht Verantwortung bei Russland
Der Angriff ist nach UN-Angaben wahrscheinlich auf ein russisches Geschoss zurückzuführen. Es sei zu diesem Zeitpunkt „sehr schwer, mit absoluter Gewissheit festzustellen, was passiert ist“, sagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR), Elizabeth Throssell, am Freitag in Genf. Angesichts des getroffenen Ortes aber „deutet alles daraufhin, dass es eine russische Rakete war“.
Nach Angaben Throssels konnten bislang die Namen von 35 in Hrosa getöteten Menschen festgestellt werden. Darunter seien 19 Frauen, 15 Männer und ein achtjähriger Junge. Überdies seien die Namen von fünf verletzten Frauen und einem verletzten Mann bekannt, gab Throssel an.
Vertreter der UN reisen zum Angriffsort
Auf Fotos und Videos schienen mindestens 23 der Todesopfer Zivilkleidung zu tragen, sagte Throssel weiter. Weiter habe es offenbar keine militärischen Ziele in der Nähe gegeben - es seien aber weitere Untersuchungen nötig, fuhr sie fort. Es sei ein Team auf dem Weg zum Angriffsort, um mit Überlebenden und Augenzeugen zu sprechen und so mehr Informationen zum Hergang zu sammeln. Die Gruppe werde für Samstag in Hrosa erwartet.
Der Kreml hingegen erklärte, dass seine Armee nie auf zivile Infrastruktur ziele. „Wir wiederholen, dass das russische Militär keine zivilen Ziele angreift. Angriffe werden auf militärische Ziele ausgeführt, auf Orte, wo Militärpersonal konzentriert ist“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau.
Bundesregierung verurteilt russischen Angriff scharf
„Mindestens 50 Zivilisten sind gestern Opfer eines brutalen und menschenverachtenden Angriffs des russischen Aggressors geworden“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. Sie sagte: „Gezielte Angriffe auf Zivilisten und die zivile Infrastruktur sind eine gravierende Verletzung des humanitären Völkerrechts. Wir verurteilen sie aufs Schärfste und fordern Russland auf, das sinnlose Töten sofort einzustellen und das humanitäre Völkerrecht zu beachten.“
Russlands entsetzlicher Terror gegen die Zivilbevölkerung der Ukraine lässt nicht nach und hat heute einen weiteren düsteren Meilenstein erreicht.
Josep Borrell, Außenbeauftragter der EU
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den russischen Angriff scharf. „Russlands entsetzlicher Terror gegen die Zivilbevölkerung der Ukraine lässt nicht nach und hat heute einen weiteren düsteren Meilenstein erreicht“, teilte Borrell mit. Es sei ein abscheulicher Angriff auf unschuldige Zivilisten. Vorsätzliche Attacken auf Zivilisten seien Kriegsverbrechen.
UN-Chef: Attacken auf Zivilisten in Ukraine verletzen Völkerrecht
Auch UN-Generalsekretär António Guterres machte Moskau schwere Vorwürfe. „Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten und müssen sofort eingestellt werden“, forderte Guterres über seinen Sprecher Stephane Dujarric. (AFP, dpa)
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