
© Imago/Ukrinform
Mutmaßlich tödlicher Himars-Angriff der Ukraine: Russische Einheit wartete wohl zwei Stunden lang auf Kommandeur
Bei einem ukrainischen Angriff auf eine russische Division nahe Kreminna sollen zahlreiche russische Soldaten getötet worden sein. Der Hergang wirkt kurios, doch die Informationslage ist diffus.
Stand:
Bereits am Mittwoch war die Aufregung unter russischen Militärbloggern groß: Mehrere reichweitenstarke Channels berichteten von einem mutmaßlichen ukrainischen Angriff auf eine russische Division nahe Kreminna in der Region Luhansk, bei der offenbar Dutzende russische Soldaten getötet worden sein sollen.
Den Berichten zufolge sollen die Soldaten der Division zwei Stunden lang aufgereiht auf eine Motivationsrede des Kommandeurs gewartet haben - und seien so eine einfache Zielscheibe gewesen.
Unabhängig verifizieren lassen sich die Berichte aus dem russischen Informationsraum aufgrund der Kriegssituation nicht. Am Freitag verdichten sich allerdings die Hinweise für einen derartigen Angriff.
Ein ukrainischer Beamter hat sich am Freitag gegenüber der „Kyiv Post“ zu dem Angriff geäußert: „Das ist eine wirklich lustige Situation. Sie standen zwei Stunden lang unter freiem Himmel und hörten sich die Rede an“, wird er von der Zeitung zitiert. Das sei genug Zeit gewesen, um die Himars-Rakete an den richtigen Ort zu transportieren, die Koordinaten einzugeben und die russischen Soldaten zu treffen.
Ebenfalls am Freitag veröffentlichte die ukrainische Spezialeinheit „Wild Bees“ ein Drohnen-Video, das einen Angriff auf eine russische Truppenversammlung zeigt. Ob es sich dabei jedoch um den Angriff handelt, auf den sich die Militärblogger und der ukrainische Beamte beziehen, ist nicht eindeutig.
Zu sehen sind zu Beginn mehrere Soldaten und Lastwagen vom Typ Ural, wie sie der Nachrichtensender „ntv“ identifiziert. Nach kurzer Zeit kommt es zu zwei Explosionen, dicke Rauchschwaden steigen aus der Lichtung auf.

© Twitter „DeepState UA“, eigener Screenshot
Anschließend lassen sich wieder Soldaten beobachten, die augenscheinlich verletzte oder getötete Kameraden abtransportieren. Auf Twitter postet die Luftaufklärungseinheit das Video mit der Beschreibung „Schäden an feindlichem Personal am Stadtrand von Schytliwka“. Die Ortschaft liegt nur wenige Kilometer nördlich von Kreminna.
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Das Videomaterial lässt sich aktuell genauso wie die Chat-Nachrichten der Militärblogger nicht verifizieren. Fest steht aber: Die Kriegsbeobachter zeigten sich erbost über die Geschehnisse an der Front.
Warteten die Soldaten auf ihren Kommandeur?
Der Ärger richtet sich in erster Linie gegen den Kommandeur der Einheit, die mutmaßlich getroffen wurde: Zurab Achmedow. Der Militärblogger „Rybar“ etwa wetterte auf Telegram gegen Achmedow und schrieb: „In der Richtung Süddonezk sind in den vergangenen Tagen in Kämpfen weniger Männer umgekommen, als durch die verbrecherische Dummheit des Divisionskommandeurs.“
Ein anderer Militärblogger mit dem Pseudonym „Starsche Eddi“ äußerte sich noch drastischer: „Wenn Mitten im zweiten Kriegsjahr Kommandeure ihre Kolonnen an die Front karren und sie dort auf einem großen Haufen aufreihen, um auf die feindliche Artillerie zu warten, dann müssen solche Kommandeure vor der Formation erschossen werden.“
Ein russischer Militärblogger des Telegram-Kanals „Lost Armour“, der die getroffene Einheit als Teil der 144. Garde-Motorschützendivision identifiziert, behauptet hingegen, die Soldaten sollen damit beschäftigt gewesen sein, ihre Lastwagen auszuräumen, als der Angriff stattfand. Geschossen worden sei nicht wie anfänglich vermutet mit Himars-Raketen, sondern mit 155-Millimeter-Artillerie. Keine der Darstellungen kann verifiziert werden - unklar bleibt auch, ob sich die Nachrichten auf den gleichen Angriff beziehen.
Es ist aber nicht das erste Mal, dass die Kriegsblogger mit dem Finger auf Achmedow zeigen. Der Kommandeur geriet bereits Ende vergangenen Jahres in die Kritik.
Soldaten der 155. Russischen Marineinfanteriebrigade unter seiner Führung schrieben einen Brandbrief, in dem sie ihn beschuldigten, sie nahe der Stadt Wuhledar in den sicheren Tod geschickt zu haben. Er soll sich zusammen mit anderen Befehlshabern militärische Auszeichnungen erhofft haben und dafür seine Männer in einen sinnlosen, ungeplanten Einsatz geschickt haben. (Tsp)
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