
© Imago/Lehtikuva/Antti Aimo-Koivisto
Es kriselt weiter in Finnlands Regierung: Erste Konservative stellen Zusammenarbeit infrage
Der Druck auf Regierungschef Orpo wächst weiter: Der erste Politiker aus seiner Sammlungspartei sucht nach neuen Bündnissen – und fordert den Rücktritt der Vize-Ministerpräsidentin.
Stand:
Der Krise innerhalb Finnlands rechtsgerichtete Regierung spitzt sich weiter zu. Knapp vier Wochen nach der Amtsübernahme stellt der erste konservative Politiker die Zusammenarbeit mit den rechten „Wahren Finnen“ öffentlich infrage.
„Man sollte im Herbst schauen, ob es Möglichkeiten gibt, auf einer anderen Grundlage weiterzuarbeiten“, sagte Ted Apter der Tageszeitung „Hufvudstadsbladet“ am Sonntagabend. Apter ist Vize-Stadtrat in Helsinki und fordert zudem den Rücktritt von Riikka Purra als Finanzministerin.
Hintergrund ist eine landesweite Debatte über vergangene Äußerungen Purras, die auch Vize-Ministerpräsidentin und Chefin der rechten Partei „Die Wahren Finnen“ ist. In verschiedenen Blogeinträgen soll sie sich Medienberichten zufolge 2008 unter dem Pseudonym „riikka“ rassistisch und gewaltverherrlichend geäußert haben.
Dementi der Vize-Ministerpräsidentin: Eine Art „Insider-Humor“
Sämtliche Parteien der Opposition wollten daraufhin einen Misstrauensantrag gegen Purra stellen. Der Parlamentssprecher Jussi Halla-aho, auf dessen Blog die Beiträge vor 15 Jahren veröffentlicht worden sind, wollte die parlamentarische Sommerpause aber nicht unterbrechen.
Bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz entschuldigte sich die Parteichefin am Mittwoch, rechtfertigte ihre Kommentare aber als eine Art „Insider-Humor“.
In einem anderen Blog-Eintrag behauptete sie 2019, dass durch die „Einwanderung aus primitiven Gemeinschaften“ eine neue Art der Frauenfeindlichkeit nach Finnland gekommen sei. Außerdem bezeichnete sie Frauen in Burkas als „nicht identifizierbare schwarze Säcke“.
Auch der liberale Juniorpartner der Vier-Parteien-Koalition distanziert sich zunehmend von der eigenen Regierung.
Nach einer vierstündigen Krisensitzung am Freitagabend zeigte sich die Fraktion in einer Pressemitteilung „äußerst besorgt“ über die Funktionsfähigkeit der eigenen Regierung und forderte deshalb „ernsthafte Gespräche“ aller Koalitionsparteien.
Am Sonntag haben sich daraufhin die Parteispitzen zu einem gemeinsamen Krisengespräch getroffen. Das berichtete die finnische Tageszeitung „Hbl“ am Montag. Der Staatskanzlei des konservativen Ministerpräsidenten Petteri Orpo zufolge sollen die Diskussionen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Weitere Details über die Gespräche wurden nicht bekannt.
Finnlands neue rechtskonservative Regierung ist erst seit dem 20. Juni offiziell im Amt. Bei der Parlamentswahl im April wurde die linksgrüne Regierung der Sozialdemokratin Sanna Marin abgewählt, die rechten „Wahren Finnen“ hinter den Konservativen der Nationalen Sammlungspartei um Petteri Orpo zweitstärkste Kraft.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: