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 Gabriel Attal bei Regierungserklärung

© REUTERS/Sarah Meyssonnier

Erste Regierungserklärung von Frankreichs Premier: Attal zelebriert den Aufbruch mit einem Feuerwerk an Neuerungen

Arbeit, Gesundheit, Jugend, Landwirtschaft: Der junge Premier verkündet im Eiltempo große Projekte und konkrete Maßnahmen. Auch vor Tabus macht er nicht halt.

Es ist sein erster großer Auftritt als Premierminister – und den hatte sich Gabriel Attal vielleicht anders vorgestellt. Der energiegeladene 34-Jährige hatte in einem Interview bisher nur als Macher präsentiert und angekündigt, er wünsche „Aktion, Aktion, Aktion“ von seinen Ministern.

Nun hielt er am Dienstagnachmittag seine erste Regierungserklärung im Parlament, während die Zufahrten nach Paris von Sicherheitskräften mithilfe von gepanzerten Fahrzeugen beschützt werden. Denn zornige Bauern haben im Großraum Paris mit ihren Traktoren Autobahnen blockiert und drohten, Paris einzukesseln. Einige wollen sogar die Hauptstadt „aushungern“.

Statt als Macher agiert Attal daher seit seinem Amtsantritt am 19. Januar gezwungenermaßen als Krisenmanager – der es aber bisher nicht geschafft hat, die sich ausweitenden Bauernproteste einzudämmen. Zudem musste der Regierungschef mit dieser Rede aus dem Schatten des Präsidenten heraustreten.

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Emmanuel Macron hatte vor zwei Wochen in einer zweistündigen Pressekonferenz bereits viele sehr konkrete Ankündigungen gemacht. Attal saß damals mit einem großen Teil seiner Ministerriege im Publikum und musste aufmerksam lauschen. Rede in extrem hoher Geschwindigkeit

Rede in irrsinnig hohem Tempo

Doch von diesen widrigen Umständen war Attal nichts anzumerken – außer dass er bei seinem ersten Auftritt als Premier in der Nationalversammlung unglaublich schnell sprach und sich öfter verhaspelte. Nach einem Loblied auf alles, was „wir“ – also seine Vorgängerregierungen unter Präsident Macon – schon erreicht hätten, feuerte er sein Programm ab.

Zu den Themen Arbeit, Bildung und Gesundheit, Landwirtschaft und staatliche Dienstleistungen sowie Sicherheit und Regeln zeigte er seine „Methode“ auf: Zuhören, aber dann schnell entscheiden. Unterstützen – aber auch scharf sanktionieren. Große Linien wurden sofort mit konkreten Neuerungen illustriert.

Arbeit soll sich wieder lohnen – der Abstand zum relativ hohen Mindestlohn in Frankreich solle vergrößert werden für Arbeitnehmer. Wie das genau geschehen soll, ist offen. Aber es gilt: „Keine Tabus“. Die Mittelklasse soll steuerlich um zwei Milliarden Euro entlastet werden und sozialer Wohnungsbau künftig auch der Mittelklasse zugutekommen. Arbeitslose müssen bald 15 Stunden arbeiten.

Internatsplatz für Problemkinder

Um die Republik zu stärken, wird es ab 2026 einen nationalen Dienst für junge Menschen geben. Gleichzeitig kündigte er im Hinblick auf das Prinzip der „laicité“ an, „dass man mit der Republik nicht verhandeln kann“. Sondern ihre Regeln durchgesetzt werden. Dazu wird das Personal an Gerichte aufgestockt, aber auch Sicherheitskräfte verdoppelt und Problemjugendlichen ein Platz in Internaten angeboten.

Das Pflegepersonal bekommt Prämien, ausländische Ärzte werden vollständig zugelassen. Junge Menschen mit psychischen Problemen sollen schneller und ohne Umweg über einen Allgemeinmediziner Zugang zu kostenloser psychologischer Betreuung bekommen. Und Patienten, die ihren Termin beim Arzt nicht wahrnehmen, müssen künftig bezahlen.

Die Landwirtschaft ist Teil unserer Identität.

Gabriel Attal, Premierminister

Für die Bauern gab es große Worte: Die Landwirtschaft sei ein „Stolz“ des Landes und Teil der französischen Identität. Daher müsse es „Ausnahmen für die französische Landwirtschaft“ geben. Freihandelsabkommen gebe es nur noch, wenn die Partner die gleichen Umweltauflagen und Bedingungen erfüllten, an die französische Landwirte sich halten müssen. Daher wird Frankreich das Mercosur-Abkommen mit Lateinamerika in der jetzigen Form nicht unterzeichnen.

Vier-Tage-Woche in Ministerien

Sein eigenes Alter machte Attal mehrfach zum Thema – und nutzte es, um zu unterstreichen, dass diese Regierung das Land modernisieren wolle. Junge Menschen hätten ein anderes Verhältnis zu Arbeits- und Lebenszeit: Daher weist er alle Ministerien an, die Vier-Tage-Woche bei gleicher Stundenzahl auszuprobieren.

Seine Feuerprobe hat der junge Premier bestanden. Seinen Willen, schnell und umfassend Problembereiche zu reformieren, hat er mit dieser Rede unterstrichen. Und seinen Führungsanspruch – immer in Abstimmung mit dem Präsidenten.

Zum Bild des Machers passt allerdings nicht, dass noch immer nicht alle Minister, delegierte Minister und Staatssekretäre ernannt sind. Die alten wurden nicht verabschiedet, einige hoffen, wieder ernannt zu werden.

So liegen seit Wochen wichtige Politikbereiche wie Verkehr, Wohnen, Meer, Biodiversität brach. Aber bei dem Tempo, das der Premier in seiner Rede vorgelegt hat, dürften die Posten morgen besetzt sein.

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