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Kritik am Sieg der Präsidentin: Prowestliche Amtsinhaberin Sandu gewinnt Stichwahl in Moldau
Präsidentin Sandu entschied die Wahl in der Republik Moldau für sich – vor allem durch die Stimmen der Diaspora. In dem zwischen Russland und dem Westen hin- und hergerissenen Land gibt es nun Kritik.
Stand:
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Moldau hat Amtsinhaberin Maia Sandu mit deutlichem Abstand gewonnen. Die Präsidentin des verarmten Landes zwischen der Ukraine und dem EU-Land Rumänien kam nach Angaben der Wahlkommission auf 55,35 Prozent der Stimmen.
Ihr Herausforderer, der frühere Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo, erhielt demnach 44,65 Prozent der Stimmen. Die Partei der Sozialisten des prorussischen Ex-Präsidenten Igor Dodon, für die Stoianoglo angetreten war, erkannte das Ergebnis – wie das früherer Wahlen – nicht an.
Stoianoglo, der im Land selbst die meisten Stimmen geholt hatte, sei der Präsident des Volkes, teilten die Sozialisten in der Hauptstadt Chisinau mit. Die Partei stört sich traditionell daran, dass Wahlen immer wieder von Moldauern im Ausland entschieden werden.
Die Wahlbeteiligung lag höher als bei der ersten Runde am 20. Oktober und zwar bei über 54 Prozent. Maia Sandu siegte vor allem dank Stimmen der zu Hunderttausenden im Ausland - vor allem in der EU - lebenden Moldauer. Die Entscheidung wird aus Sicht von politischen Beobachtern zunächst ohne Folgen bleiben. Stoianoglo selbst hatte das Ergebnis anerkannt und zur Ruhe aufgerufen.
Die im Parlament vertretene Oppositionspartei dürfte aber bei der nächsten Wahl vor allem weiter für ihr Ziel eintreten, die Gesetzgebung für Abstimmungen zu ändern. Demnach sollten Wahlen im Land selbst und nicht durch die Wähler im Ausland, die teils schon seit vielen Jahren nicht mehr in ihrer Heimat waren, entschieden werden.
Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) bewerteten die Wahl als überwiegend positiv. Allerdings habe sie gezeigt, wie gespalten das Land sei. Die gewählte Präsidentin werde Brücken bauen müssen, um gesellschaftliche Gräben zu überwinden, hieß es.
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„Moldau, du hast gesiegt!“, sagte Sandu nach Veröffentlichung des Wahlergebnisses in der Nacht zum Montag. „Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit haben gewonnen.“ In einer versöhnlichen Rede sprach sie von einer „Lehrstunde in Demokratie“. Zugleich rief sie zur Einheit auf und erklärte, sie habe sowohl die Stimmen ihrer Anhänger als auch die ihrer Gegner gehört.
Die Staatschefin von der Partei Aktion und Solidarität (PAS) will in ihrer zweiten Amtszeit in dem völlig verarmten Agrarland mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern, das EU-Beitrittskandidat ist, Reformen durchsetzen.
Dabei gilt die im Sommer bevorstehende Parlamentswahl als nächste politische Herausforderung. Denn Sandu kann die Veränderungen nur angehen, wenn sie die bisherige Mehrheit in der Volksversammlung verteidigt.
Chisinau wirft Moskau Einmischung vor
Am Wahlsonntag selbst sorgten mutmaßlich organisierte, illegale Wählertransporte für Aufsehen. Sandu warnte vor Stimmenkauf und Betrug. Der nationale Sicherheitsberater hat Russland massive Einmischung vorgeworfen. Der Kreml hatte ähnliche Vorwürfe beim ersten Wahlgang zurückgewiesen und Beweise verlangt.
Die Wahleinmischung berge die große Gefahr, das Ergebnis zu verzerren, teilte Sandus Vertrauter Stanislav Secrieru auf der Plattform X mit. Dazu teilte er ein in sozialen Netzwerken kursierendes Video, auf dem Menschen angeblich ihre moldauischen Pässe in einem Flugzeug hochhalten und auf dem Weg nach Minsk sind.
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Die Behörden versuchten, „Beweise hinsichtlich von Flügen aus Russland nach Weißrussland, Aserbaidschan und in die Türkei zu sammeln“, die es in Russland lebenden moldauischen Staatsbürgern ermöglichen sollten, in den moldauischen Botschaften oder Konsulaten dieser Länder ihre Stimme abzugeben. In der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien, wo russische Truppen stationiert sind, gebe es organisierte Wählertransporte zu den Abstimmungen; das sei illegal, sagte er.
Zuvor hatte es Beschwerden gegeben, dass in Moskau nur zwei Wahllokale geöffnet wurden für die Stimmabgabe der in Russland lebenden Moldauer. Der Flug sei ein klarer Beweis von einem breit angelegten organisierten Wählertransport, sagte Secrieru.
Aufatmen in der EU
Führende EU-Vertreter und europäische Politiker reagierten erleichtert auf Sandus Wiederwahl. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte der Politikerin und lobte ihre Durchsetzungsfähigkeit. „Es erfordert eine seltene Art von Stärke, die Herausforderungen zu meistern, mit denen Sie bei dieser Wahl konfrontiert waren“, schrieb von der Leyen auf der Plattform X. „Ich freue mich, weiter mit Ihnen auf eine europäische Zukunft für die Republik Moldau und ihr Volk hinzuarbeiten.“
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Die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, schrieb bei X, Sandu habe sich „für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine europäische Zukunft“ eingesetzt und dabei „außergewöhnlichen Mut und Führungsstärke bewiesen“.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich ebenfalls erfreut. „Die Demokratie hat über alle Einmischungen und Manöver triumphiert“, schrieb er bei X.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gratulierte Maia Sandu „von ganzem Herzen“ zur Wiederwahl. „Stimmenkauf, Manipulationen im Vorfeld und auch Bombendrohungen gegen moldauische Wahllokale - selbst in Deutschland - zielen auf das Herz der europäischen Demokratie“, kritisierte sie auf X. Russlands Staatschef Wladimir Putin „schreckt dabei vor nichts zurück“, fügte die Außenministerin hinzu.
Dies könne Moldau „aber nicht vom eingeschlagenen Kurs abbringen“, schrieb Baerbock weiter. „Die Menschen haben wieder einmal gezeigt, dass sie sich dem hybriden Würgegriff entschlossen entgegenstellen.“ Dem gebühre „unser Respekt“, erklärte die Außenministerin. „Wir stehen an Eurer Seite“, bekräftigte sie.
Auch Polens Regierungschef Donald Tusk äußerte sich vorsichtig optimistisch. „Trotz der aggressiven und massiven Einmischung Russlands“ bei der Wahl habe die prowestliche Sandu „höchstwahrscheinlich den Favoriten Moskaus besiegt“, schrieb Tusk auf der Plattform X. „Hoffen wir, dass sich dieser Trend in den kommenden Tagen und Monaten auch in anderen Ländern fortsetzen wird“, fügte er hinzu.
Und US-Präsident Joe Biden erklärte, Russland sei damit „gescheitert“, die demokratischen Institutionen und Wahlprozesse in Moldau zu untergraben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratulierte Sandu mit den Worten, die Moldauer hätten „sich für einen Weg zu wirtschaftlichem Wachstum und sozialer Stabilität entschieden“.
Das russische Außenministerium prangerte indessen eine „unverhohlene Einmischung westlicher Länder“ in die Wahl an. Auch warf es den Behörden des Landes vor, „beispiellose Repression“ gegen die pro-russische Opposition ausgeübt zu haben (dpa/AFP)
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