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„Es tut mir zutiefst leid“: Britischer Ex-Premier Johnson entschuldigt sich bei Familien von Corona-Opfern
Ein Gremium untersucht den Umgang der Regierung in Großbritannien mit der Corona-Pandemie. Am Mittwoch war Boris Johnson erstmals geladen. Vorwürfe wegen Inkompetenz wies er zurück.
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Der frühere britische Premierminister Boris Johnson hat sich am Mittwoch bei den Angehörigen von Covid-19-Todesopfern entschuldigt. „Es tut mir zutiefst leid für den Schmerz, den Verlust und das Leid dieser Opfer und ihrer Familien“, sagte Johnson am ersten Tag seiner Anhörung beim Gremium, das den Umgang der britischen Regierung mit der Corona-Pandemie untersucht.
Johnson wurde bei seiner Entschuldigung unterbrochen. Zu seiner Aussage musste er zweimal ansetzen, weil die Kommissionsvorsitzende zwischenzeitlich jemanden ermahnte, sich hinzusetzen oder den Raum zu verlassen. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge wurden dann mehrere Menschen des Saals verwiesen.
Johnson räumte im weiteren Verlauf seines Statements eigene Fehler ein, wies aber Vorwürfe wegen Inkompetenz zurück. Entsprechende Chatnachrichten seiner Berater und Mitarbeiter seien den schwierigen Umständen der Pandemie-Bekämpfung geschuldet gewesen, sagte Johnson. Viele talentierte Menschen hätten versucht, ihr Bestes zu geben. Unter Stress hätten sie dazu tendiert, anderen gegenüber äußerst kritisch zu sein.
Wir mussten uns ständig selbst herausfordern und ständig versuchen, es besser zu machen.
Boris Johnson
„Wir mussten uns ständig selbst herausfordern und ständig versuchen, es besser zu machen“, sagte der konservative Politiker. Dass in den Chats häufig Schimpfwörter und abfällige Bemerkungen über andere fielen, sei für Regierungsarbeit nicht ungewöhnlich, sagte Johnson. Auch Debatten unter der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher seien gewiss „ziemlich saftig“ gewesen.
Es sei aber „kreativ nützlich“ gewesen, Menschen in seinem Umfeld zu haben, die an sich und an anderen zweifelten. Schlimmer wäre gewesen, wenn nur ehrerbietige Menschen um ihn gewesen wären. Zugleich räumte Johnson ein, dass viele Ausdrücke inakzeptabel gewesen seien.
Johnson soll zwei Tage lang befragt werden
Kritiker werfen dem konservativen Politiker vor, er habe mit einem chaotischen Kurs die britische Reaktion auf das Coronavirus erschwert. Johnson soll zwei Tage lang befragt werden.
Die öffentliche „Covid Inquiry“ geht derzeit der Frage nach, ob Großbritannien ausreichend auf die Pandemie vorbereitet war. Im Vereinigten Königreich starben laut Sterbeurkunden etwa 227.000 Menschen an Covid-19. Das sind trotz geringerer Bevölkerung deutlich mehr als in Deutschland. Das Land gehörte damit zu den am härtesten betroffenen Staaten weltweit.
Die Kommission unter Leitung der ehemaligen Richterin Heather Hallett kann Zeugen unter Eid vernehmen und Dokumente anfordern, aber keine Urteile fällen.
Im Zuge der Aufarbeitung der Regierungsantwort auf die Pandemie soll noch in diesem Jahr auch der jetzige Premier Rishi Sunak befragt werden, der damals Finanzminister war. (AFP, dpa)
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