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3-1_Ukraine

© imago/ Dmytro Smoliyenko/Bearbeitung: Tagesspiegel

Gegenoffensive der Ukraine: Geht der Krieg in die entscheidende Phase?

Die ukrainische Armee hat offenbar ihren bislang wichtigsten Vorstoß gegen die russischen Invasoren begonnen. Kann sie Putins Truppen nun komplett verdrängen? Drei Experteneinschätzungen zur Lage.

Die Ukraine rückt in immer mehr Orte Richtung Süden vor. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigte Berichte, wonach sich die Kampfhandlungen jüngst deutlich intensiviert hätten und die Ukraine für ihre Offensive Reserven eingesetzt habe. Drei Experten schätzen die Lage ein. Alle Folgen des Formats „3 auf 1“ finden Sie hier.


Für das große Minen-Problem braucht es neue Lösungen

Nachdem die Ukraine zuletzt nur noch kleine Vorstöße gewagt hatte, kommen bei Robotyne nun wieder größere Formationen zum Einsatz. Es gibt Fortschritte, allerdings noch keinen Durchbruch durch die russischen Verteidigungsstellungen.

Die Beseitigung von Minen im offenen Gelände unter ständiger Überwachung durch viele russische Drohnen bleibt für die Ukraine gefährlich. Möglicherweise braucht es für die Räumung neue Lösungen, über die dringend auch im Westen nachgedacht werden muss. Gleichzeitig zum Frontgeschehen wird die russische Logistik, Führung und Kommunikation im Hinterland systematisch bekämpft.

Kiew verfügt weiter über erhebliche Ressourcen, die noch nicht eingesetzt wurden. Durchbrüche und der Übergang zum Bewegungskrieg bleiben möglich. Die Lage könnte sich strategisch schneller verändern, wenn die Ukraine die einzige Eisenbahnlinie im Südkorridor in Reichweite ihrer Präzisionswaffen bringt. In jedem Fall ist langfristige, systematische und industriell unterlegte Unterstützung notwendig.


Das Ziel bleibt die Teilung der russischen Truppen

Die vergangenen Tage haben für die Ukrainer gute Nachrichten von der Front gebracht. Das Militär berichtete am Donnerstagabend von der Befreiung Staromajorskes in der Region Donezk. Weitere Berichte legen einen Vorstoß in der Nähe von Robotyne im Süden nahe.

Die Fortschritte wirken langsam, im Vergleich zu den erfolgreichen Gegenoffensiven in Charkiw und Cherson – allerdings hat das ukrainische Militär auch mit größeren Herausforderungen zu kämpfen: Es muss sich durch massiv ausgebaute Verteidigungsanlagen und Minenfelder vorarbeiten. Das macht Blitzkrieg-ähnliche Fortschritte schwierig. Deshalb bearbeitet die Ukraine die russischen Verteidigungslinien langsam, bis sie brechen.

Das Ziel ist, Richtung Melitopol oder Berdjansk am Asowschen Meer vorzustoßen und damit einen Keil zwischen die russischen Truppen zu treiben. Das wäre ein entscheidender Moment für die Gegenoffensive in diesem Sommer. Sollte dies dazu führen, dass das russische Kommando und der Nachschub zusammenbrechen, wäre es sogar ein Schlüsselmoment im Krieg.


Die nächsten Tage werden bedeutungsvoll

Nach gut sieben Wochen Angriffsführung versuchen Kiews Streitkräfte erneut einen massiven Vorstoß vorzutragen. Weitere vom Westen ausgebildete Brigaden kommen zum Einsatz. Aufgrund von Drohnenaufnahmen liegt derzeit ein gutes Lagebild vor. Der Ukraine ist es gelungen, bis zum vordersten Panzergraben der ersten russischen Verteidigungsstellungen vorzustoßen. Im Süden versuchen die Soldaten bei der Ortschaft Robotyne Fuß zu fassen. Auch andernorts gelangen kleinere Erfolge.

Bemerkenswert: Kiews Truppen versuchen entlang der gesamten Front, gezielt russische Artilleriestellungen aufzuklären und zu vernichten. Durch den Einsatz von Präzisionsmunition gelingt das. Russland hält mit Drohnenangriffen ebenso erfolgreich dagegen.

Während Moskau versucht, mit taktischen Reserven die Einbruchstellen abzuriegeln, will die Ukraine diese ausweiten. Die hohen Verluste machen es notwendig, sich rasch zu reorganisieren, um den Angriffsschwung aufrechtzuerhalten. Die nächsten Tage können daher als bedeutungsvoll bezeichnet werden. Sie bestimmen den weiteren Verlauf der Offensive.

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