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Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa (r.)

© dpa/Uncredited

Update

Nach Aussagen zum Ukraine-Krieg: Kreml-Kritiker Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft verurteilt

Ein Gericht in Moskau sprach den bekannten russischen Oppositionellen des Hochverrats und weiterer Vergehen schuldig. Er stehe zu allem, was er gesagt habe, so Kara-Mursa.

| Update:

Der prominente russische Kremlgegner Wladimir Kara-Mursa ist in Moskau wegen Hochverrats zu 25 Jahren Haft im Straflager verurteilt worden. Das Stadtgericht verhängte das umstrittene Urteil am Montag. Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Oppositionellen in Russland verhängt wurde.

Der 41-jährige ehemalige Journalist mit russischem und britischem Pass ist einer der schärfsten Kritiker des Kreml. Er war im April 2022 verhaftet worden, nachdem er den russischen Einmarsch in der Ukraine kritisiert hatte. Staatliche Medien hatten unter Berufung auf Ermittlerkreise zudem behauptet, der frühere Journalist habe gegen eine Bezahlung von rund 30.000 Euro pro Monat Organisationen aus Nato-Ländern geholfen, Russlands nationale Sicherheit zu unterhöhlen.

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In einem wenige Stunden vor seiner Festnahme auf dem US-Nachrichtensender CNN ausgestrahlten Interview hatte er gesagt, Russland werde von „einem Regime von Mördern“ regiert.

Ich weiß, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Dunkelheit über unserem Land verziehen wird.

Wladimir Kara-Mursa

In seiner letzten Rede in dem Gerichtsverfahren verglich Kara-Mursa seinen Prozess mit einem von Josef Stalins Schauprozessen in den 1930er Jahren. Er lehnte es ab, das Gericht um einen Freispruch zu bitten. Er stehe zu allem, was er gesagt habe, und sei stolz darauf.

„Verbrecher sollten für ihre Taten Buße tun. Ich hingegen sitze wegen meiner politischen Ansichten im Gefängnis. Ich weiß auch, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Dunkelheit über unserem Land verziehen wird“, sagte er.

Kara-Mursa war jahrelang als Politiker in Opposition zu Präsident Wladimir Putin tätig. Er setzte sich bei ausländischen Regierungen und Institutionen für die Verhängung von Sanktionen gegen Russland und einzelne Russen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen ein.

Kara-Mursa überlebte zwei mutmaßliche Giftanschläge

2015 und 2017 war er mit Vergiftungssymptomen zusammengebrochen und überlebte nur knapp. Recherchen der Investigativgruppe Bellingcat zufolge wurde Kara-Mursa von denselben Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB verfolgt, die auch in den Giftanschlag auf den Oppositionellen Alexej Nawalny verwickelt gewesen sein sollen.

Kara-Mursa und seine Unterstützer erklären, er sei Opfer von Anschlägen geworden. Die russischen Behörden streiten jede Beteiligung an den mutmaßlichen Anschlägen ab. Seine drei Kinder und seine Frau leben seit Jahren in den USA.

Der Politiker ist nach Angaben seiner Anwältin Maria Eismont gesundheitlich schwer angeschlagen. Sie sagte zuletzt, dass ihr Mandant in Untersuchungshaft 17 Kilogramm an Gewicht verloren habe.

EU übt scharfe Kritik an Verurteilung

Die EU übte scharfe Kritik an der Verurteilung. „Die ungeheuerlich harte Gerichtsentscheidung zeigt einmal mehr, dass die Justiz politisch missbraucht wird, um Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und alle Stimmen, die sich gegen den unrechtmäßigen russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine aussprechen, unter Druck zu setzen“, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag mit.

Aus Sicht der EU hat das Verfahren nicht den internationalen Standards für ein faires und öffentliches Verfahren vor einem zuständigen, unparteiischen und unabhängigen Gericht entsprochen. So seien die Gerichtstermine für Beobachter nicht zugänglich gewesen. Die EU stehe solidarisch an der Seite von allen Russen, die von den Behörden politisch verfolgt, festgenommen oder eingeschüchtert würden, nur weil sie für die Menschenrechte kämpften, die Wahrheit sagten und das Regime kritisierten.

Nawalny reagiert „zutiefst empört“

Das US-Außenministerium in Washington bezeichnete das Urteil gegen den russischen Oppositionellen am Montag als „politisch motiviert“. „Kara-Mursa ist ein weiteres Ziel der eskalierenden Kampagne der Unterdrückung seitens der russischen Regierung.“

Das US-Außenministerium erneuerte seinen Aufruf zur Freilassung des 41-Jährigen sowie grundsätzlich zur Freilassung der „mehr als 400 politischen Gefangenen“ in Russland. Die USA stünden solidarisch an der Seite von Kara-Mursa und anderen „mutigen“ Verfechtern einer besseren Zukunft für Russland wie dem inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.

Nawalny reagierte „zutiefst empört“ auf die Verurteilung Kara-Mursas. Das Urteil sei „rechtswidrig, schamlos und einfach faschistisch“, sagte Nawalny in einer am Montag durch sein Team in Onlinediensten veröffentlichten Sprachmitteilung. „Ich glaube, dass Wladimir Kara-Mursa aus politischen Gründen verfolgt wurde“, hieß es weiter.

Kara-Mursa war im vergangenen Jahr mit dem prestigeträchtigen Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Es erfordere unglaublichen Mut, sich im heutigen Russland gegen die Obrigkeit zu stellen, sagte der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Tiny Kox, im Oktober. Kara-Mursas Frau nahm den Menschenrechtspreis entgegen. Sie las ein Statement von ihm vor, wonach er den Gewinn all denjenigen widme, die sich in Russland gegen den Ukraine-Krieg auflehnten.

Mit dem Vaclav-Havel-Preis zeichnet die Parlamentarische Versammlung des Europarats seit 2013 Engagement für die Menschenrechte aus. Der Preis ist mit 60 000 Euro dotiert und nach dem verstorbenen Bürgerrechtler und früheren Präsidenten der Tschechischen Republik benannt. (Reuters, dpa)

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