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Harris beim TV-Duell in den USA: „Trump ist verantwortlich für die schlimmste Arbeitslosigkeit seit der Großen Depression“
Anders als bei der TV-Debatte mit Biden gaben sich Harris und Trump zur Begrüßung die Hand. Rhetorisch zur Sache ging es bei der Diskussion trotzdem. Am Ende schlägt sie ihm ein zweites Duell vor.
Stand:
Showdown in Philadelphia: Die Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump haben ihr erstes TV-Duell mit einem Handschlag geführt. Zu Beginn des Fernsehauftritts ging die Demokratin auf den Republikaner zu und stellte sich als „Kamala Harris“ in der Veranstaltungshalle in Philadelphia vor.
Die Präsidentschaftsdebatte zwischen Trump und dem damaligen demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden im Juni begann wesentlich konfrontativer ohne Handschlag. Bidens Auftritt bei dem Auftritt war so katastrophal, dass sich der US-Präsident aus dem Rennen zurückzog und seine Vize Harris zu seiner Nachfolgerin machte. Die 59-Jährige will nun nach der Präsidentenwahl am 5. November das höchste Amt im Staat übernehmen.
Trotz der freundlichen Begrüßung ging es schnell zur Sache: Zu Beginn der Diskussion warfen sich Harris und Trump gegenseitig vor, keinen Plan zu haben, wie sie das Land führen würden.
Scharfe Vorwürfe gegen Trump
„Donald Trump hat uns die schlimmste Arbeitslosigkeit seit der Großen Depression hinterlassen“, sagte Harris. Trump habe „die schlimmste Gesundheitsepidemie seit einem Jahrhundert (und) den schlimmsten Angriff auf unsere Demokratie seit dem Bürgerkrieg“ zu verantworten. Danach seien sie und Präsident Joe Biden damit befasst gewesen, „Donald Trumps Schlamassel aufzuräumen“.
Jeder weiß, dass sie eine Marxistin ist.
Donald Trump über Kamala Harris
Trump seinerseits warf der Vizepräsidentin einmal mehr vor, „eine Marxistin“ zu sein und keinen Plan zu haben. „Sie hat Bidens Plan kopiert, und der besteht aus vier Sätzen, die nur lauten: ‘Oh, wir werden versuchen, die Steuern zu senken’“, behauptete Trump. Auf mehrere Stellungnahmen von Harris erwiderte Trump mehrfach, diese seien eine Lüge.
Trump: Einwanderer essen Hunde und Katzen
Beim Thema Einwanderung warf Harris Trump vor, durch seinen Einfluss ein überparteiliches Gesetz zur Grenzstärkung im Kongress gestoppt zu haben. Der ehemalige Präsident würde lieber ein Problem für den Wahlkampf nutzen als es zu lösen, sagt sie.
Trump wiederholte die Behauptung, die Einwanderungskrise sei so schlimm, dass Migranten aus Haiti in Springfield im Bundesstaat Ohio Haustiere stehlen, um sie zu essen. „In Springfield essen sie die Hunde, die Leute, die hierhergekommen sind, sie essen die Katzen. Sie essen die Haustiere der Menschen, die dort leben“, sagte er und nahm damit Bezug auf eine Aussage seines Vizekandidaten J.D. Vance. Die Behörden dort haben dies zurückgewiesen, korrigierte Moderator David Muir.
Immer wieder stellt Trump Einwanderer pauschal als gefährliche Kriminelle dar und nutzt entmenschlichende Sprache. Bei seiner Antrittsrede zum Präsidentschaftskandidaten auf dem Parteitag der Republikaner in Milwaukee im Juli bezeichnete er Migranten indirekt als Müll.

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Harris wiederum beschuldigte Trump, er wolle Steuersenkungen für Reiche, die einfachen Amerikaner interessierten ihn nicht. Sie appellierte an Bürger, sich bei einem seiner Wahlkampfauftritte selbst ein Bild davon zu machen.
„Ich werde etwas wirklich Ungewöhnliches tun und Sie aufrufen, eine von Donald Trumps Kundgebungen zu besuchen“, sagte die Demokratin an die Zuschauer gewandt. Trump verbreite dort absurde Behauptungen wie jene, dass Windmühlen Krebs verursachten. „Das Einzige, worüber Sie ihn nicht reden hören werden, sind Sie.“ Trump habe keinen Plan für die Menschen im Land.
Kopf-an-Kopf-Rennen
Harris und Trump liegen in Umfragen in etwa gleichauf. Beide wollen vor allem unentschlossene Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen. Einer aktuellen Umfrage zufolge sind Harris' Positionen vielen Menschen wenig bekannt.
Sie bemühte sich daher bei der Debatte, ihre inhaltlichen Ziele auszubreiten – unter anderem bei ihrem Paradethema Abtreibung. Auch diverse außenpolitische Themen – Nahost, Ukraine, China, Afghanistan – kamen zur Sprache. Hier wiederholten die beiden vor allem bekannte Positionen.
Und sie sagen: Sie sind eine Schande.
Kamala Harris konfrontiert Trump mit Aussagen führender Militärs
Harris sagte auch, sie sei als Vizepräsidentin um die Welt gereist, und die führenden Politiker der Welt lachten über Trump. Sie habe auch mit führenden Militärs gesprochen, von denen einige mit dem Republikaner gearbeitet hätten. „Und sie sagen: Sie sind eine Schande.“
Harris erinnert an Sturm aufs Kapitol
Auf die Frage, ob Trump am 6. Januar 2021, dem Tag des Sturms des Kapitols etwas bereue, antwortete er: „Ich hatte nichts damit zu tun.“ Nicht er, sondern die damalige Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi und die Stadt Washington D.C. seien für die Sicherheit verantwortlich gewesen.
Die Frage sei an ihn gegangen, weil er damals immerhin der US-Präsident gewesen sei, präzisierte Muir am Ende der Redezeit des Republikaners und gab das Wort an Harris.

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Sie sei an dem Tag in der Stadt gewesen, als der Mob die Regierungsgebäude stürmte, erinnerte Harris. 140 Menschen seien an diesem Tag verletzt worden, darunter auch viele Sicherheitsleute und Polizisten. Und am Ende hätte Trump den Angriff heruntergespielt und behauptet, dass auch unter den Angreifern „feine Menschen“ gewesen seien.
Wer sich an diesen Tag erinnere, so Harris, solle wissen, dass man nicht dahin zurückkehren dürfe. „Wir kehren nicht dahin zurück. Es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“
Harris ist bereit für eine zweite Debatte – und Trump?
Kurz nach dem Ende des TV-Duells fordert Harris’ Wahlkampfteam dann ihren republikanischen Kontrahenten zu einer zweiten Debatte heraus. „Unter den Scheinwerfern konnten die Amerikaner sehen, vor welcher Wahl sie im Herbst stehen werden: mit Kamala Harris vorwärtsgehen oder mit Trump rückwärtsgehen. Das ist es, was sie heute Abend gesehen haben und was sie bei einer zweiten Debatte im Oktober sehen sollten“, teilte Harris’ Wahlkampfteam mit. Gefolgt von der Frage: „Vizepräsidentin Harris ist bereit für eine zweite Debatte. Ist es Donald Trump?“
Das erste Duell, das der Sender ABC ausrichtete, war vor allem für Harris eine Bewährungsprobe. Die 59-Jährige hatte erst vor wenigen Wochen Präsident Biden als Kandidatin der Demokraten abgelöst und zeigte sich bislang überwiegend bei streng choreografierten Wahlkampfauftritten, bei denen ihr Team alles unter Kontrolle hatte. Bei der Debatte gegen Trump musste sie sich nun ohne Skript beweisen.
Trump dagegen hat schon diverse Fernsehdebatten bestritten, auch in seinen früheren Wahlkämpfen 2016 und 2020. Aus seinem jüngsten TV-Duell Ende Juni war der 78-Jährige als klarer Sieger hervorgegangen. Damals trat er noch gegen Biden an, der sich nach seiner desaströsen Performance aus dem Rennen um die Präsidentschaft zurückzog und Harris das Feld überließ. (vib, dpa, Reuters, AFP)
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