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Hin und wieder reitet Issa Kassissieh mit dem Kamel durch die Stadt.

© dpa / Saeed Qaq / dpa

Hohoho im Heiligen Land : Ein Santa Claus in Jerusalem – mit Diplom

Seit 15 Jahren verkleidet sich der Palästinenser Issa Kassissieh in Jerusalem als Weihnachtsmann. Er will Kindern ein besonderes Erlebnis bescheren.

Der kleine Junge schaut den Weihnachtsmann etwas ratlos an. Er kann sich nicht an ihn erinnern. „Ich kam doch letztens auf dem Kamel zu eurer Schule geritten“, sagt Santa Claus. Die Eltern des Jungen, der auf dem Schoß des Weihnachtsmanns sitzt, schießen ein Foto. „Frohe Weihnachten“, ruft er der Familie beim Rausgehen hinterher.

Es ist Dezember in Jerusalem, Weihnachtszeit. Und wem das in dieser Stadt, in der sich Heiligtümer von Islam, Judentum und Christentum befinden, verborgen geblieben sein sollte, dem wird es spätestens dann klar, wenn er sich vom Jaffa-Tor in der Altstadt ein paar hundert Meter Richtung Neues Tor bewegt. In einer kleinen Straße auf dem Weg findet man das Büro des Weihnachtsmanns.

Issa Kassissieh in seinem Weihnachtsmann-Raum in der Altstadt von Jerusalem.
Issa Kassissieh in seinem Weihnachtsmann-Raum in der Altstadt von Jerusalem.

© Tagesspiegel / Tilman Schröter

Issa Kassissieh heißt der Mann, der sich seit etwa 15 Jahren als Weihnachtsmann verkleidet. „Ich habe früher nie den Weihnachtsmann getroffen“, sagt er. „Ich wollte diese Erfahrung den Kindern im Heiligen Land geben.“ 2017 eröffnete er im Erdgeschoss seines Hauses in der Altstadt „Santa’s House“. Früher war der Palästinenser Profi-Basketballer, neben seinem Job als Weihnachtsmann trainiert er nun das Team des YMCA in Jerusalem.

 Ich bin der einzige zertifizierte Weihnachtsmann im Nahen Osten.

Issa Kassisseh

Im Dezember jedoch sitzt Kassissieh fast täglich von 17 bis 20 Uhr in seinem Weihnachtsmann-Büro und empfängt jeden, der mit dem Weihnachtsmann ein Foto machen möchte. Am Eingang des Hauses wird man von einem Mitarbeiter empfangen und in das Zimmer des Weihnachtsmannes vorgelassen. Der Raum strotzt vor Dekorationen: Weihnachtsbaum, Lichterketten, Spielsachen.

Es laufen Weihnachtslieder in Dauerschleife. Auf einem kleinen Tisch in einer Ecke steht eine alte Schreibmaschine – zum Beantworten von Briefen, sagt Kassissieh. Vor dem Haus steht ein Briefkasten, in den die Kinder ihre Wunschzettel werfen können. Kassissieh versucht, so viele wie möglich zu beantworten, sagt er. Im vergangenen Jahr kamen nach seinen Angaben etwa 20.000 Leute in sein Haus.

Wenn Issa Kassissieh nicht als Weihnachtsmann  auftritt, arbeitet er unter anderem als Basketball-Trainer.
Wenn Issa Kassissieh nicht als Weihnachtsmann auftritt, arbeitet er unter anderem als Basketball-Trainer.

© IMAGO/ZUMA Wire / IMAGO/Nir Alon

Er ist dabei nicht irgendein Weihnachtsmann. An der Wand neben seiner Schreibmaschine hängen mehrere Zertifikate. 2017 machte er in den USA ein Weihnachtsmann-Diplom. „Jeder kann sich als Weihnachtsmann anziehen, ich wollte das professionell machen“, sagt Kassissieh. „Ich bin der einzige zertifizierte Weihnachtsmann im Nahen Osten.“ Seine Urkunde bekam er von der Charles W. Howard School in Michigan ausgestellt.

 Es ist mir egal, welche Religion jemand hat, alle können zu mir kommen.

Issa Kassissieh

Eintritt kostet es nicht, zu ihm zu kommen. Man bitte die Leute um eine Spende, da er viel Schokolade verteile, sagt Kassissieh. „3000 Kilo im vergangenen Jahr“, sagt er. Neben sich hat er einen großen Sack mit Schokolade stehen, die er den Kindern gibt. Er tue es nicht für Profit, sagt Kassissieh.

Wer zum Weihnachtsmann vortritt, kann entscheiden, ob er selbst ein Foto mit seinem Handy schießt oder einen Mitarbeiter mit einer Kamera darum bittet. In einem Raum weiter hinten im Haus werden Weihnachtsdekorationen angeboten, es gibt Glühwein und Kekse zu kaufen. Man kann dort auch die Fotos kaufen, die einer der Mitarbeiter vorher mit einer Kamera geschossen hat. Für etwa 2,80 Euro gibt es das Foto digital, ein großes kostet etwas über acht Euro.

In seiner Rolle als Weihnachtsmann besucht Kassissieh auch Schulen und Krankenhäuser – und reitet ab und zu auf einem Kamel durch die Stadt. „Es ist das Symbol des Nahen Ostens“, sagt er. „Einen Weihnachtsmann auf einem Kamel gibt es nur hier.“

Dass er in einer religiös und politisch angespannten Region und Stadt lebt, ist ihm natürlich bewusst – seine Rolle als Weihnachtsmann sieht er dabei als verbindendes Element. „Es ist mir egal, welche Religion jemand hat oder aus welchem Land jemand stammt, alle können zu mir kommen“, sagt Kassissieh, der fünf Sprachen spricht. „Wenn in Jerusalem Frieden ist, verbreitet er sich in der Welt.“

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