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Im Auftrag des Ex-Wirecard-Vorstands?: Ehemaliger Geschäftspartner Marsaleks räumt Spionage für Russland ein
Marsalek soll mehrere Bulgaren mit Spionage für Moskau beauftragt haben. Betroffen waren wohl unter anderem regierungskritische Journalisten. Jetzt kommt der Fall vor Gericht.
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Zwei Bulgaren haben in Großbritannien in einem spektakulären Fall Spionage für Russland eingeräumt - mutmaßlich im Auftrag von Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek. Das wurde zum Auftakt eines Spionageprozesses gegen drei weitere Bulgaren in London bekannt, die die Vorwürfe zurückweisen.
Die Angeklagten sollen sich mit einem russischen Agenten verschworen haben, der unter dem Namen Rupert Ticz auftrat. Dabei habe es sich um Marsalek gehandelt, meldete die britische Nachrichtenagentur PA aus dem Strafgerichtshof Old Bailey. Der Ex-Wirecard-Vertriebsvorstand ist seit der Pleite des ehemaligen Dax-Konzerns untergetaucht und wird in Russland vermutet.
Einer von ihnen soll nach Informationen des „Spiegel“ ein ehemaliger Geschäftspartner Marsaleks sein. Es handelt sich demnach um Orlin Roussev, einen 46-jährigen Bulgaren und IT-Kontakt des Wirecard-Chefs. Er legte vor Gericht ein Geständnis ab.
Die Anklage beschuldigt weiter zwei Frauen im Alter von 30 und 33 Jahren und einen 39-jährigen Mann, die alle in Großbritannien wohnen, sie hätten Personen und Orte ausgespäht. Die Spionageaktivitäten sollen in London sowie in Stuttgart, Wien, Valencia und dem Balkanstaat Montenegro stattgefunden haben. Insgesamt identifizierten die britischen Behörden sechs Operationen, an denen die Angeklagten in verschiedenen Konstellationen beteiligt gewesen seien.
Auch ein US-Stützpunkt in Stuttgart betroffen
„Zwischen 2020 und 2023 haben diese drei Angeklagten gemeinsam mit anderen Personen zum Wohle Russlands spioniert“, sagte Staatsanwältin Alison Morgan. Sie seien „mit ausgefeilter Methodik“ vorgegangen, hätten falsche Identitäten verwendet und moderne Technologie eingesetzt. Morgan sagte, die Angeklagten hätten Bildmaterial beschafft und detaillierte Berichte über ihre Zielpersonen erstellt. Im Gegenzug hätten sie „beträchtliche Summen“ erhalten.
Nach Ansicht britischer Ermittler haben die Bulgaren ihre Aufträge teilweise von dem Österreicher Marsalek erhalten, der nach seiner Firmenpleite mutmaßlich in Russland untergetaucht ist. Der Ex-Vertriebsvorstand des ehemaligen Dax-Konzerns Wirecard selbst ist in dem Londoner Prozess nicht angeklagt.
Marsalek soll die sechsköpfige Gruppe um Roussev unter anderem beauftragt haben, dem Kreml missliebige Personen und Organisationen in ganz Europa auszuspähen. Betroffen gewesen sein soll unter anderem auch der Stützpunkt „Patch Barracks“ des US-Militärs in Stuttgart.
Zwei prominenteste Opfer der Spionage sind nach Recherchen des „Spiegels“ die Investigativjournalisten Christo Grozev und Roman Dobrokhotov. Grozev war Chefreporter der Investigativplattform Bellingcat und ist mit spektakulären Recherchen zu russischen Agenten bekannt geworden. Roman Dobrokhotov ist Chefredakteur des russischen regierungskritischen Investigativmediums The Insider. (Trf, dpa)
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