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In der vergangenen Woche wurden drei mutmaßliche Hamas-Mitglieder in Berlin festgenommen.

© REUTERS/Heiko Becker

Islamistische Bedrohung in Europa: Ist die Hamas die größte Gefahr für jüdische Communitys?

Seit dem 7. Oktober 2023 ist die Gefahr für jüdisches Leben in Europa gestiegen. Die Hamas hatte bei Sicherheitsbehörden dabei geringere Priorität. Das könnte sich ändern, schreibt Sicherheitsexperte Peter R. Neumann.

Eine Kolumne von Peter R. Neumann

Stand:

Seit der Terroroffensive vom 7. Oktober 2023 hat die islamistische Bedrohung auch in Europa deutlich zugenommen. In den zwölf Monaten danach vervierfachte sich die Zahl der versuchten und verübten Anschläge – und 40 Prozent davon hatten einen jüdischen und/oder israelischen Bezug. Für europäische Juden kam der Anschlag auf eine Synagoge in Manchester letzte Woche daher zwar als Schock, aber nicht als Überraschung.

Der starke Anstieg in den vergangenen zwei Jahren steht natürlich in engem Zusammenhang mit der Hamas und dem Krieg in Gaza. Doch es ist nicht (nur) die Hamas, die daraus Kapital zu schlagen versucht.

Die überwiegende Mehrheit der seit dem 7. Oktober 2023 geplanten und verübten Anschläge geht auf das Konto von islamistischen und dschihadistischen Gruppen, die nicht direkt am Konflikt in Gaza beteiligt sind – darunter der Islamische Staat (IS), al-Qaida und die Iranischen Revolutionsgarden.

Eine wachsende Zahl junger Einzeltäter

Hinzu kommt eine wachsende Zahl oftmals sehr junger Einzeltäter, die keiner festen Gruppe angehören, sondern sich im Internet aus islamistischen Versatzstücken ihre eigene Ideologie zusammengebaut haben.

Die Hamas spielte bei Terroranschlägen in Europa bislang kaum eine Rolle. Doch diese Zurückhaltung hatte eher praktische als ideologische Gründe.

Europa wurde für die Hamas zu einem „Rückzugsraum“, in dem sie Geld sammeln oder gesuchte Terroristen verstecken konnte.

Peter R. Neumann

Da allgemein bekannt war, dass sie Europa nicht als Operationsgebiet nutzte, galt die Gruppe Sicherheitsbehörden als geringere Priorität als der IS oder al-Qaida. Europa wurde für die Hamas so zu einem „Rückzugsraum“, in dem sie Geld sammeln oder gesuchte Terroristen verstecken konnte.

Die Festnahme von drei mutmaßlichen Hamas-Terroristen in Berlin letzte Woche könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich dies gerade ändert. Es ist bereits der zweite Vorfall dieser Art, und in beiden ging es um Anschlagsplanungen gegen jüdische Ziele.

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen und die Angeklagten nicht nur Hamas-Mitglieder sein, sondern auch in deren Auftrag gehandelt haben, wäre dies ein dramatischer Strategiewechsel. Die Sicherheitslage für jüdische Gemeinden in Europa würde sich dadurch ein weiteres Mal erheblich verschärfen.

Noch ist die Hamas also nicht die größte Terrorgefahr für jüdische Gemeinden in Europa. Aber sie könnte es werden.

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