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Indiens Premierminister Narendra Modi.

© AFP/Evelyn Hockstein

Ukraine kritisiert Formulierungen als zu schwach: G20-Gipfel einigt sich auf Abschlusserklärung – Zugeständnisse an Russland

Nach schwierigen Verhandlungen veröffentlichen die führenden Industrie- und Schwellenländer einen Kompromiss-Text zum Ukraine-Krieg. Was steht drin?

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Beim G20-Gipfel in Neu Delhi haben sich die führenden Industrie- und Schwellenländer trotz großer Meinungsunterschiede zum Krieg in der Ukraine auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt. Das sagte Indiens Premierminister Narendra Modi am Samstag. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird in der Textpassage zum Ukraine-Krieg sowohl auf Forderungen Russlands als auch des Westens eingegangen.

Moskau erreichte demnach, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mehr wie noch im Vorjahr explizit verurteilt wird. Stattdessen wird nun nur noch auf entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen verwiesen.

Der Westen handelte hingegen eine Formulierung heraus, nach der alle Staaten von Angriffen auf die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit anderer Staaten Abstand nehmen müssen. Zudem werden zumindest indirekt wieder die Atomwaffendrohungen Russlands kritisiert. „Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Kernwaffen ist unzulässig“, heißt es in dem Text, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Er wurde von Indien gemeinsam mit Südafrika, Brasilien und Indonesien vorgeschlagen.

Besonders wichtig dürfte für Moskau sein, dass in dem Text auch auf russische Forderungen nach einer Lockerung der westlichen Sanktionen eingegangen wird. So heißt es dort, man rufe dazu auf, die „unverzügliche und ungehinderte Lieferung von Getreide, Lebensmitteln und Düngemitteln/Zusätzen von der Russischen Föderation und der Ukraine“ zu gewährleisten. Dies sei notwendig, um den Bedarf in Entwicklungsländern, besonders denen in Afrika zu befriedigen.

Hartes Ringen um Formulierungen

Die Ukraine hat die Erklärung der G20-Staats- und Regierungschefs zum russischen Angriffskrieg als zu schwach kritisiert. „Die Ukraine ist den Partnern dankbar, die versucht haben, starke Formulierungen in den Text aufzunehmen“, erklärte der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleg Nikolenko, am Samstag. Gleichzeitig habe die G20-Gruppe im Hinblick auf Russlands Aggression gegen die Ukraine nichts beschlossen, „worauf sie stolz sein kann“.

Nikolenko veröffentlichte ein Foto eines rot bearbeiteten Teils der Erklärung, in dem er die Formulierung „der Krieg in der Ukraine„ in „der Krieg gegen die Ukraine„ änderte und zudem Verweise auf Russland hinzufügte. Eine Teilnahme der Ukraine an G20-Treffen würde es den Teilnehmern „ermöglichen, die Situation besser zu verstehen“, erklärte Nikolenko.

Kremlchef Wladimir Putin hatte zuletzt unter Verweis auf westliche Sanktionen gegen sein Land ein Abkommen für den Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer aufgekündigt. Er argumentiert, dass die Strafmaßnahmen auch den Transport russischer Nahrungs- und Düngemittel in andere Teile der Welt behindern.

Aus Delegationen war zuvor von einem harten Ringen der Unterhändler um die Formulierungen berichtet worden. Den Angaben zufolge stand dem Westen eine Allianz aus China und Russland gegenüber. Peking gilt als international wichtigster Partner Moskaus und hat den Angriffskrieg auf die Ukraine bisher nicht verurteilt. Wegen des Streits war offen gewesen, ob es wie üblich eine gemeinsame Abschlusserklärung der Teilnehmer geben würde.

Ein anderer Konfliktpunkt war, ob der G20-Gipfel im Jahr 2026 in den USA oder anderswo ausgerichtet werden sollte. Die USA setzten sich dabei nach Angaben von Diplomaten gegen China durch. Der Gipfel im nächsten Jahr wird in Brasilien, der im Jahr 2025 in Südafrika ausgerichtet.

Beim vorherigen G20-Gipfel auf der indonesischen Ferieninsel Bali hatte sich Moskau 2022 offensichtlich auf Druck Chinas einverstanden erklärt, in die Abschlusserklärung den Satz aufzunehmen: „Die meisten Mitglieder verurteilten den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste.“ Russlands Position wurde mit den Worten abgebildet: „Es gab andere Auffassungen und unterschiedliche Bewertungen der Lage und der Sanktionen.“ (dpa)

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