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Allein unter Männern: Sanae Takaichi ist Japans erste Premierministerin.

© AFP/PHILIP FONG

Mit Takaichi auf dem Weg nach rechts: Wer ist Japans erste Premierministerin?

Von der TV-Moderatorin zur ersten Frau an der Spitze einer japanischen Regierung: Sanae Takaichi gilt als strenge Nationalistin. Die Frage ist, wie sehr sie das Land nach rechts rücken wird.

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„Japan ist zurück!“, rief Sanae Takaichi in den vergangenen Wochen immer wieder in die Mikrofone. Aber seit die 64-Jährige am Dienstag zur Premierministerin des ostasiatischen Landes gewählt wurde, muss man sich fragen: Zurück wohin?

Denn eine Frau im höchsten politischen Amt hat es in Japan – bis auf ein paar Kaiserinnen vor vielen Jahrhunderten – noch nie gegeben. Das Land ist bekannt dafür, Frauen auf dem Arbeitsmarkt systematisch zu benachteiligen. Ändert sich das jetzt?

Eher nicht, denn Sanae Takaichi hält sich mit Genderfragen kaum auf. In Fragen der Gesellschaftspolitik ist die Frau mit Perlenkette streng konservativ: Sie ist nicht nur dagegen, dass eine Regel aufgehoben wird, nach der Ehepaare denselben Nachnamen tragen müssen.

Sie will ebenso nicht, dass am aktuellen kaiserlichen Erbrecht gerüttelt wird, das nur Männer auf dem Thron zulässt. Gegen die Homo-Ehe hat sie – wie die meisten in ihrer konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) – auch etwas.

„Zurück“, so verspricht es die neue Premierministerin, soll Japan nun als starke Nation sein, wirtschaftlich wie geopolitisch. Die Frau, deren Mentor der ehemalige nationalistische Premier Shinzo Abe war, will dessen „Abenomics“ wiederbeleben: eine Kombination aus sehr lockerer Geldpolitik, sehr hohen Staatsausgaben und wachstumsfördernden Strukturreformen.

Eine beschleunigte Aufrüstung soll zudem in der Nachbarschaft zeigen, dass mit Japan auch sicherheitspolitisch zu rechnen ist.

Der 2022 ermordete frühere Premier Shinzo Abe gilt als Takaichis Mentor.

© REUTERS/Piroschka Van De Wouw

Tatsächlich aber dürfte sich die Nationalistin im Amt schwertun. Nicht, weil sie aus mehreren Gründen eine Polit-Außenseiterin ist: Takaichi wuchs in der einstigen Kaiserstadt Nara in der Mittelschicht auf, studierte BWL, versuchte sich nach einer kurzen Laufbahn als TV-Moderatorin zunächst als parteilose Politikerin, ehe sie sich der historisch übermächtigen LDP anschloss. Nach mehreren Anläufen schaffte sie es dort an die Spitze.

Große Schwierigkeiten aber werden Takaichi die prekären Kräfteverhältnisse machen: Nach langen Jahren an der Macht und vielen Korruptionsskandalen verlor ihre LDP zuletzt die Mehrheit in beiden Kammern.

Als sich der buddhistische Koalitionspartner Komeito auch noch distanzierte, ging Takaichi eine Allianz mit der rechtspopulistischen Nippon Ishin no Kai ein. Diese fordert unter anderem eine Obergrenze für Ausländer – in einem Land, wo nur drei Prozent der Bevölkerung einen ausländischen Pass haben.

Strengere Migrationspolitik

Aber bei diesem Thema wird auch Takaichis Populismus deutlich: Denn im alternden Japan schrumpft die Bevölkerung in hohem Tempo, es herrscht akuter Arbeitskräftemangel. Will das Land ökonomisch wachsen – und dies verspricht Takaichi –, wird es ohne weitere Migration nicht auskommen. Doch die neue Premierministerin wirbt damit, in diesem Bereich eine strengere Politik zu verfolgen.

Was ihre politischen Ansichten angeht, passt sie […] besser zu Frankreichs Marine Le Pen.

Daisuke Tano, Soziologieprofessor an der Konan-Universität in Kobe, über Japans erste Regierungschefin

Zu Takaichis Ansichten – die Japans Kriegsvergangenheit wiederholt verharmlost hat – mag Nippon Ishin no Kai passen. Das Regieren macht diese Koalition ohne Mehrheit aber schwieriger. Die Opposition wird viel daransetzen, Takaichi früh scheitern zu sehen.

Schon die Wiederbelebung der „Abenomics“ wird zur Belastungsprobe. Denn Nippon Ishin no Kai ist fiskalpolitisch konservativ. Und die „Abenomics“ verfehlten ihr Ziel – einen Wirtschaftsboom – ohnehin schon einmal.

Als persönliches Vorbild nennt Sanae Takaichi Margaret Thatcher, Großbritanniens konservative Premierministerin der 1980er-Jahre. „Was ihre politischen Ansichten angeht, passt sie aber besser zu Frankreichs Marine Le Pen“, sagt Daisuke Tano, Soziologieprofessor an der Konan-Universität in Kobe. Denn Takaichi wird versuchen, das Land nach rechts zu rücken, so sehr sie kann.

Koichi Nakano, Politikprofessor an der Sophia-Universität in Tokio, befürchtet für Japan zudem ein diplomatisches „Desaster“. Takaichis revisionistische Ansichten zu Japans Rolle im Zweiten Weltkrieg könnten die wichtigen Beziehungen zu China und Südkorea stark belasten.

An der engen Partnerschaft mit Deutschland dürfte sich auch mit einer nationalistischen Hardlinerin wie Takaichi nichts ändern. Wobei hier helfen könnte, dass sie sich voraussichtlich nicht lange im Amt halten wird. Ihr fehlt ja eine Mehrheit.

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