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„Wegen erhöhter Fluchtgefahr“: Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro präventiv festgenommen
Der ehemalige Staatschef soll wegen versuchten Staatsstreichs für 27 Jahre in Haft, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Nun hat der 70-Jährige offenbar wieder gegen Auflagen verstoßen.
Stand:
Neue Entwicklung im Fall des früheren brasilianischen Präsidenten: Jair Bolsonaro (oben Archivfoto) ist mehreren Medienberichten zufolge „präventiv“ festgenommen worden. Es handele sich nicht um die Vollstreckung der vom Obersten Bundesgericht verhängten Strafe wegen versuchten Staatsstreichs, sondern um eine Maßnahme zur „Gewährleistung der öffentlichen Ordnung“, berichtete unter anderem das Nachrichtenportal „G1“.
Es habe „erhöhte Fluchtgefahr“ bestanden, da Bolsonaro gegen die Auflagen seiner elektronischen Fußfessel verstoßen haben soll, zitierte „G1“ den Bundesrichter Alexandre de Moraes.
Bolsonaro war im September wegen versuchten Staatsstreichs zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist allerdings bisher nicht rechtskräftig. Beobachter waren davon ausgegangen, dass er in der kommenden Woche die Haft antreten könnte.
Bolsonaros Sohn rief zu nächtlicher Mahnwache auf
Bolsonaro war schuldiggesprochen worden, eine „kriminelle Organisation“ angeführt zu haben, die seine Wahlniederlage von 2022 gegen den heutigen linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva kippen wollte. Das Oberste Gericht gelangte zu dem Schluss, dass er seine Anhänger zur Erstürmung des Obersten Gerichts, des Präsidentenpalastes und des Kongresses in der Hauptstadt Brasilia am 8. Januar 2023 angestiftet hatte.
Hunderte Unterstützer Bolsonaros waren damals in die Gebäude eingedrungen und hatten dort schwere Verwüstungen angerichtet. Die Szenen der Gewalt erinnerten an den Angriff von Anhängern Donald Trumps auf das Kapitol in Washington zwei Jahre zuvor.
Erst am Freitag hatte Bolsonaros Sohn, Senator Flávio Bolsonaro, zu einer nächtlichen Mahnwache vor dem Haus seines Vaters aufgerufen. Die Bundespolizei stufte dem „G1“-Bericht zufolge den geplanten Aufzug von Anhängern Bolsonaros als Risiko sowohl für Teilnehmer als auch für Einsatzkräfte ein.
Bolsonaro wurde den Berichten zufolge gegen 6.00 Uhr (Ortszeit) in Brasilia in Gewahrsam genommen und zur Bundespolizeidirektion gebracht, wo er in einem speziellen Raum für frühere Staats- und Amtsträger untergebracht wurde. Der Ex-Präsident stand bereits seit August wegen Verstößen gegen gerichtliche Auflagen unter Hausarrest.
Die Bundespolizei erklärte am Samstagmorgen, sie habe „einen Haftbefehl zur Untersuchungshaft in Übereinstimmung mit einer Entscheidung des Obersten Bundesgerichts vollstreckt“, nannte den Ex-Präsidenten dabei jedoch nicht beim Namen.
Bolsonaros Verteidigung hatte am Freitag beantragt, die Strafe im Hausarrest vollziehen zu dürfen, und dabei auf gesundheitliche Probleme des 70-Jährigen verwiesen. (dpa, AFP)
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