zum Hauptinhalt
Die bislang längste Reise seiner Amtszeit führt den Papst momentan in verschiedene südostasiatische Länder, darunter Indonesien und Papua-Neuguinea.

© IMAGO/ABACAPRESS/IMAGO/IPA/ABACA

Kolumne „Die Welt im Blick“: Kann der Papst noch Friedenstaube?

Die Südostasienreise des Papstes kann nicht kaschieren, dass sein Einfluss in der Welt schwindet, meint unsere Kolumnistin. Dennoch ist seine Stimme mit Blick auf die Konflikte der Welt wichtig.

Von Nicole Deitelhoff

Stand:

Die Friedensenzyklika von Papst Johannes Paul XXIII „Pacem in Terris“ von 1963 gilt noch heute als wegweisende Schrift in der Erneuerung der kirchlichen Friedensethik, insbesondere der Umstellung von der Lehre des gerechten Krieges auf den gerechten Frieden und der Öffnung durch die Ansprache aller Menschen jedwedes Glaubens.

Die Enzyklika wurde politisch intensiv diskutiert und als Orientierungsquelle verstanden. Diese Bedeutung haben die nachfolgenden Friedensschriften weder der katholischen noch der evangelischen Kirche erreichen können, sie verpuffen im öffentlichen Diskurs oft so schnell, wie sie vorgestellt werden.

Das aktuelle Oberhaupt der Katholiken, Papst Franziskus, hat mit seinen Interventionen zum Ukrainekrieg eher Kritik auf sich gezogen, als Orientierung zu stiften. Seine Äußerungen, die Ukraine möge sich als Klügere besinnen und die weiße Fahne hissen, wurden heftig kritisiert.

Perspektive der Kirche widerspricht dem Zeitgeist

Einmal mehr mühte sich der Vatikan, die Äußerungen des Papstes als missverstanden wieder einzufangen. Aber unabhängig von den verunglückten Kommentaren des Papstes kommt man nicht umhin, den geschwundenen Einfluss der Kirchen zu bemerken.

Grund dafür ist zum einen der massive Mitgliederschwund in den Kirchen, noch beschleunigt durch die Missbrauchsskandale. Je weniger Menschen die Kirchen binden können, desto schwächer ihr Einfluss in der Gesellschaft.

Zum anderen liegt das Problem nicht nur bei den Kirchen, sondern an der gesellschaftlichen Wirklichkeit, auf die sie treffen. Die Kirchen predigen die Abkehr von Gewalt und Krieg, sie unterscheiden aber nicht – primär—danach, wer Schuld trägt, sondern fordern von allen gleichermaßen Verzicht.

Der Zeitgeist ist ein anderer: Er teilt die Welt in Gut und Böse, richtig und falsch. Er kennt keine Duldung für das dazwischen. Der Zeitgeist fordert, Partei zu ergreifen, nicht für die Opfer an sich, sondern für die richtigen Opfer. Das ist – gottlob, möchte man sagen– nicht Selbstverständnis der Kirchen.

Die Reise des Papstes nach Südostasien steht im Zeichen dieser Problematik: Ihr Ziel ist es, die Polarisierung zwischen den Menschen unterschiedlicher Herkunft und Glaubens zu bearbeiten, damit der Zeitgeist sich hoffentlich wieder drehen und alle gleichermaßen zu schützen willens sein möge. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })