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M23-Rebellen, die von Ruanda unterstützt werden, patrouillieren in der Demokratischen Republik Kongo.

© dpa/AP/Brian Inganga

Krieg im Ost-Kongo: Ruanda setzt seine Interessen brutal durch – und Europa schaut weg

Ruanda ist der Liebling des Westens. Doch unter dem zunehmend autoritär regierenden Präsidenten Kagame wird das Land immer rücksichtsloser. Unser Sicherheitsexperte über Machtpolitik in Afrika.

Eine Kolumne von Peter R. Neumann

Stand:

Ruandas Militärintervention in seinem westlichen Nachbarstaat Demokratische Republik Kongo ist der vorläufige Höhepunkt einer seit Jahren schwelenden Auseinandersetzung.

Dabei geht es nicht nur um Ruandas Sicherheitsinteressen. Genauso wichtig sind Rohstoffe und die Ambitionen des langjährigen Präsidenten Paul Kagame.

Dass Ruanda misstrauisch auf seinen Nachbarn Kongo schaut, ist seit Jahren bekannt. Nach dem Völkermord von 1994, bei dem innerhalb weniger Wochen etwa 800.000 Tutsis und gemäßigte Hutus von Hutu-Milizen ermordet wurden, flohen viele Täter ins Nachbarland und organisierten sich dort in einer neuen Miliz.

Kagame betrachtet diese Gruppe weiterhin als Bedrohung und hat daher wiederholt militärisch im Kongo interveniert. Seit den 2010er-Jahren unterstützt Ruanda zudem die Rebellengruppe M23 in der an Ruanda grenzenden Provinz Nord-Kivu.

Der Kampf um Bodenschätze

Doch die militärische Präsenz Ruandas dient nicht nur der eigenen Sicherheit. Ruanda hat sich in den letzten Jahren als Handelsdrehscheibe für mineralische Rohstoffe etabliert. Viele davon stammen nicht aus Ruanda selbst, sondern aus der kongolesischen Provinz Nord-Kivu, in der der aktuelle Konflikt tobt.

Besonders begehrt ist Koltan, ein Erz, das für die Produktion von Batterien in Smartphones und Elektroautos unerlässlich ist. Die Förderung dieses Rohstoffs wird derzeit von der M23-Miliz kontrolliert, und laut Schätzungen der Vereinten Nationen gelangen monatlich etwa 120 Tonnen davon nach Ruanda.

Ruandas Staatschef wird immer autoritärer

Der dritte Faktor ist Paul Kagame selbst, der seit dem Jahr 2000 an der Macht ist. Nach dem Wiederaufbau Ruandas und einem wirtschaftlichen Aufschwung mit jährlichen Wachstumsraten von bis zu zehn Prozent galt er lange als afrikanischer Vorzeigepolitiker.

Ruandas Präsident Paul Kagame.

© dpa/AP/Lee Jin-Man

Doch in den letzten zehn Jahren hat sich seine Herrschaft zunehmend autoritär entwickelt: Die Opposition wird systematisch unterdrückt – auch über die Landesgrenzen hinaus.

Gleichzeitig hat Kagame das ruandische Militär massiv aufgerüstet, sodass es heute zu den stärksten, diszipliniertesten und am besten ausgestatteten Armeen Afrikas zählt.

Dass selbst drei UN-Friedensmissionen den Konflikt in Nord-Kivu nicht beilegen konnten, hängt auch mit Ruandas militärischer Stärke zusammen.

Kurzum: Machtpolitik gibt es nicht nur bei uns. Mit der „grünen Transformation“ gewinnen Rohstoff-Konflikte in Afrika zunehmend an Bedeutung.

China hat diesen Trend längst erkannt und ist politisch und wirtschaftlich in jedem afrikanischen Land präsent. Wann beginnt Europa, sich für den Kontinent zu interessieren?

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