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Eine ukrainische Drohnenbrigade führt in Cherson, wenige Kilometer von der russischen Front entfernt, ein Manöver durch.

© Imago/Zuma Wire/Bearbeitung: Tagesspiegel

Krieg in der Ukraine: Werden ukrainische Drohnen zum Gamechanger?

Die Schläge ukrainischer Drohnen auf Ziele in Moskau mehren sich. Drei Experten analysieren, ob von dieser Waffenart eine Trendwende im Krieg zu erwarten ist.

Stand:

Die Ukraine hat in jüngster Zeit immer wieder Ziele in Moskau mit Drohnen angegriffen und damit auch für Verunsicherung und Angst bei der Bevölkerung der russischen Hauptstadt gesorgt. Kann der Einsatz von Drohnen den Krieg zugunsten der Ukraine entscheidend beeinflussen? Dazu in unserer Kolumne „3 auf 1“ die Ansicht von drei Expert:innen. Alle Kolumnen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Drohnen können entscheidend sein – für die eine oder die andere Seite

Ja, das hoffe ich sehr. Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass Drohnen in diesem Krieg ein ganz entscheidendes Kampfmittel sind. Insbesondere wenn sie in Schwärmen eingesetzt werden, kann die Gegenseite dagegen sehr wenig machen.

Wir beobachten derzeit einen neuen Rüstungswettlauf zwischen der Ukraine und Russland, was die Anzahl und Qualität von Drohnen betrifft. Sollte es der Ukraine gelingen, Drohnen von hoher Qualität in großer Menge zu produzieren, dann wäre das tatsächlich ein Gamechanger.

Allerdings gilt umgekehrt natürlich das Gleiche. Wenn Russland das schafft – entweder durch eigene Produktion oder durch Import – dann stärkt es damit seine Position im Krieg und könnte Drohnen für sich zum Gamechanger machen. 

Insofern wäre eine chinesische Exportbeschränkung, so wie Peking sie am 31. Juli angekündigt hat, zu begrüßen. Die Rolle, die China bei der Unterstützung Russlands spielt, ist hoch. Allerdings: Womöglich braucht Russland derzeit gar keine chinesischen Drohnen, sondern kann den Bedarf aus eigener Produktion decken.


Einzelne Waffensysteme entscheiden keine Kriege

In keinem Krieg sind bisher so viele und so unterschiedliche Drohnen zum Einsatz gekommen. Das reicht von Drohnen, die Spielzeughelikoptern ähneln und zur Überwachung eingesetzt werden, bis zu Flugzeugen mit 16 Metern Spannweite, die Raketen tragen.

Eine Besonderheit dieses Kriegs ist die Zahl ziviler Systeme, die für militärische Zwecke eingesetzt werden.

Ulrike Franke, Senior Policy Fellow, European Council on Foreign Relations (ECFR)

Doch der Begriff „Gamechanger“ ist problematisch. Einzelne Waffensysteme entscheiden keine Kriege, sondern maximal Schlachten. Drohnen haben geholfen, den russischen „Konvoi auf Kiew“ zurückzuschlagen, welcher zu Beginn der Invasion auf die ukrainische Hauptstadt vorrückte. Der Krieg ging trotzdem weiter.

Eine Besonderheit dieses Kriegs ist die Zahl ziviler Systeme, die für militärische Zwecke eingesetzt werden. Hier handelt es sich insbesondere um Drohnen des chinesischen Herstellers DJI, die zu Tausenden für Aufklärung und Zielfindung genutzt werden.

Drohnen leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung der Ukraine. Natürlich stärken sie genauso auch Russlands Angriffsfähigkeiten. Für die Entwicklung von Drohnen und Drohnenabwehr ist dieser Krieg ein wichtiges Testfeld. Aber der eine Gamechanger sind Drohnen nicht.


Auf dem Schlachtfeld haben Drohnen kaum Auswirkungen

Kein einzelner Waffentyp kann derzeit Gamechanger sein. Russland besitzt viele Waffen, über die die Ukraine entweder gar nicht oder nur in geringem Umfang verfügt. Was die Herstellung und den Einsatz von Drohnen betrifft, liegt die Ukraine allerdings vor Russland. Sie setzt bereits seit 2014 auf Drohnen.

Man muss jedoch den Einsatz von Drohnen auf dem Schlachtfeld von den Versuchen trennen, tief nach Russland einzudringen. Dafür braucht die Ukraine Langstreckendrohnen. Diese stellt sie anscheinend selbst her, aber mengenmäßig gibt es davon bisher nur relativ wenige.

Langstreckendrohnen können nicht viel Sprengstoff transportieren. Außer man kann mit vielen Drohnen die Luftabwehr überwinden, ist der Schaden, den sie anrichten, daher eher psychologischer und moralischer Natur.

Die Ukraine wird auch weiterhin versuchen, durch solche Angriffe zu zeigen, dass sie den Krieg auf russisches Territorium verlagern kann. Aber auf das Geschehen auf dem Schlachtfeld wird das so gut wie keine Auswirkungen haben.

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