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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban gilt als Freund von Kremlchef Wladimir Putin.

© dpa/ALEXANDER NEMENOV

Update

Kurz vor dem EU-Gipfel: Orban übermittelt Drohungen aus Moskau

Ungarns Ministerpräsident warnt vor der Konfiszierung russischer Vermögen und verweist auf einen Briefwechsel mit Putin. Europäische Geheimdienste berichten derweil von einer Einschüchterungskampagne.

Stand:

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban warnt Belgien vor der Zustimmung zu den Plänen zur Nutzung von russischem Staatsvermögen für die Ukraine und verweist dabei auch auf Drohungen aus Moskau.

„Der Plan, russische Vermögenswerte zu konfiszieren, würde Belgien in ernsthafte Gefahr bringen“, sagte Orban kurz vor einem möglicherweise entscheidenden EU-Gipfel in Brüssel. Das Vorhaben verletze das Völkerrecht, bedrohe ein wichtiges belgisches Unternehmen, das die Mittel verwalte, und berge das Risiko massiver Vergeltungsmaßnahmen. „Jeder Rechtsstreit würde verloren gehen, und letztlich müsste jemand die beschlagnahmten Vermögenswerte zurückzahlen.“

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Orban verwies dabei auch auf einen von ihm initiierten Briefwechsel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, in dem der Kremlchef eine entschlossene Antwort unter Nutzung aller juristischer Mittel angekündigt habe. Zugleich sei ihm aber zugesichert worden, dass Russland berücksichtigen werde, welcher Mitgliedsstaat in der EU welche Position einnehme. Ungarn werde die Nutzung des russischen Staatsvermögens nicht unterstützen, unterstrich Orban.

Hintergrund der Bedrohungen wird deutlich

Die Sorgen über mögliche Vergeltungsmaßnahmen sind offenbar nicht unbegründet. Nach Informationen europäischer Geheimdienste sind belgische Politiker und hochrangige Finanzmanager Ziel einer von russischen Geheimdiensten orchestrierten Einschüchterungskampagne geworden.

Wie der „Guardian“ unter Berufung auf Sicherheitsbeamte berichtet, wurden gezielt Schlüsselfiguren bei Euroclear sowie führende Vertreter des Landes ins Visier genommen. Europäische Geheimdienstkreise vermuten den russischen Militärgeheimdienst GRU hinter der Kampagne. „Sie haben sich mit Sicherheit an Einschüchterungstaktiken beteiligt“, zitiert der „Guardian“ einen europäischen Beamten.

Zu den Betroffenen gehören demnach Valérie Urbain, die Geschäftsführerin von Euroclear, sowie weitere hochrangige Führungskräfte des Finanzdienstleisters. Laut einem Bericht der Nachrichtenseite „EUobserver“ soll Urbain bereits 2024 und 2025 bedroht worden sein und um belgischen Polizeischutz gebeten haben. Dieser sei abgelehnt worden, woraufhin sie und andere Unternehmensvertreter zunächst eine belgische, dann eine französische Sicherheitsfirma mit dem Personenschutz beauftragt hätten. „Le Monde“ erwähnte im November, dass Urbain seit mehr als einem Jahr von einem Leibwächter begleitet wird.

Auch Belgiens Premierminister Bart De Wever äußerte sich Anfang Dezember in einem Interview mit der Zeitung „La Libre“ besorgt: „Und wer glaubt, dass Putin die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte ruhig akzeptieren wird? Moskau hat uns wissen lassen, dass Belgien und ich persönlich im Falle einer Beschlagnahme die Auswirkungen für die Ewigkeit spüren werden.

Auf Nachfrage verwies sein Büro demnach auf frühere Äußerungen De Wevers zu den rechtlichen und finanziellen Risiken für westliche Unternehmen. Im Oktober hatte der Premierminister erklärt: „Moskau hat uns gesagt, dass wir die Konsequenzen bis in alle Ewigkeit spüren würden, wenn wir das Geld anrühren“, und russische Gegenmaßnahmen wie die Beschlagnahmung westlichen Geldes in russischen Banken oder die Enteignung westlicher Unternehmen genannt.

EU-Gipfel soll über Kredite entscheiden

Über den von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und anderen führenden EU-Politikern unterstützten Plan soll von diesem Donnerstag an beim letzten regulären EU-Gipfel dieses Jahres in Brüssel beraten werden. Die EU-Staats- und Regierungschefs diskutieren über einen ersten Kredit in Höhe von 90 Milliarden Euro, der durch eingefrorene russische Vermögenswerte abgesichert werden soll. Russland soll die Mittel nur dann zurückbekommen, wenn es nach einem Ende seines Angriffskriegs Reparationszahlungen leistet. Die russische Zentralbank fordert 230 Milliarden Dollar Schadenersatz von Euroclear.

Als zentral für die Umsetzung gilt die Zustimmung Belgiens, denn das belgische Unternehmen Euroclear verwaltet 185 der insgesamt 210 Milliarden Euro eingefrorener russischer Mittel in der EU. Belgien hat Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit geäußert und fordert Garantien, dass Euroclear vollständig entschädigt werde, falls Russland erfolgreich klagt. Zudem dringt Belgien darauf, dass auch andere Länder ähnliche Schritte unternehmen. Großbritannien unterstützt den Vorstoß.

Nataliia Shapoval vom KSE-Institut in Kiew erklärte gegenüber dem „Guardian“, die Ukraine benötige 2026 eine externe Finanzierung von 50 Milliarden Dollar, von denen bisher nur die Hälfte zugesagt sei. Obwohl die Ukraine das erste Quartal ohne zusätzliche EU-Unterstützung überstehen könnte, würden „ab dem zweiten Quartal große Probleme entstehen“. Kiew wäre dann gezwungen, Verteidigungsbudgets zu kürzen. (dpa/bef)

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