zum Hauptinhalt
Ungarns Premier Viktor Orban (l.) und sein slowakischer Amtskollege Robert Fico.

© AFP/Ludovic Marin

Laut EU-Bericht: Ungarn verstößt weiter massiv gegen Rechtsstaatlichkeit – Probleme auch in der Slowakei

Die EU stellt Budapest und Bratislava schlechte Zeugnisse in Sachen Rechtsstaatlichkeit aus. Es geht um die Justiz, Korruption und den Umbau der Medien.

Stand:

Ungarn verstößt laut einem EU-Bericht weiter massiv gegen die Rechtsstaatlichkeit. In Ungarn gebe es ein „systemisches Problem“ mit den Grundrechten, sagte Justizkommissar Didier Reynders am Mittwoch in Brüssel bei der Vorstellung des Jahresberichts zur Rechtsstaatlichkeit in den 27 Mitgliedsländern.

Mit Sorge sieht Brüssel daneben auch den Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Slowakei. Journalistenverbände warnen vor staatlicher Einflussnahme.

In ihrem fünften Rechtsstaatsbericht gibt die Kommission nach Angaben eines EU-Beamten mit Blick auf Ungarn eine „Rekordzahl“ von acht Empfehlungen an die Regierung von Viktor Orban ab. Das ist politisch brisant, denn das Land hat in diesem Halbjahr den rotierenden EU-Ratsvorsitz inne.

Verstöße gibt es in Ungarn nach Angaben von Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova bei allen vier Säulen der Rechtsstaatlichkeit: im Justizsystem, bei den Maßnahmen gegen Korruption, bei der Pressefreiheit sowie der Gewaltenteilung.

Internationales im Video sehen Sie hier

Ungarn müsse „solide Nachweise über Ermittlungen, Strafverfolgung und endgültige Urteile bei Korruptionsfällen auf hoher Ebene“ liefern, heißt es etwa in dem Länderbericht zu Ungarn. Zudem müsse die Orban-Regierung die „redaktionelle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien“ stärken und Gesetze aufheben, welche die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen einschränken.

FDP Abgeordneter will Ungarn EU-Stimmrecht entziehen

Bereits vor einem Jahr hatte Justizkommissar Reynders dem Land „sehr große Abweichungen bei der Rechtsstaatlichkeit“ bescheinigt. Die EU hatte deshalb in den vergangenen Jahren verschiedene Verfahren gegen Ungarn eingeleitet und Fördermittel auf Eis gelegt. Wegen verschiedener Grundrechtsverstöße – etwa beim Asylrecht – sind derzeit noch gut 20 Milliarden Euro an EU-Hilfen für Ungarn eingefroren, wie Reynders betonte.

„Im Lichte der seit Jahren andauernden systemischen Vergehen in Ungarn ist es endlich an der Zeit, Viktor Orban in die Schranken zu weisen und Ungarn das Stimmrecht in der EU zu entziehen“, erklärte der Europaabgeordnete Moritz Körner (FDP). Das Europaparlament hatte dazu bereits 2018 ein sogenanntes Artikel-sieben-Verfahren gegen Ungarn eingeleitet. Einem Stimmrechtsentzug im EU-Rat müssten außer Ungarn jedoch alle anderen 26 Mitgliedsländer zustimmen, dies ist jedoch weiter nicht in Sicht.

Zur Slowakei sagte Vizekommissionspräsidentin Jourova, sie habe bereits im April mit Regierungschef Robert Fico über das beanstandete Gesetz zum Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesprochen. Die endgültige Fassung liege allerdings noch nicht vor, deshalb habe die EU-Kommission bisher keine Handhabe.

Bei Verstößen könnte Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte vor einem „harten Schlag“ gegen die Pressefreiheit gewarnt. (AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })