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Wahlen in Großbritannien: Rechtspopulist Farage zieht beim achten Versuch ins Parlament ein – Truss verliert Sitz
Nigel Farage, auch „Mr. Brexit“ genannt, hat es bei der Wahl in Großbritannien ins Unterhaus geschafft. Die frühere Premierministerin Truss büßte hingegen ihren Sitz ein.
Stand:
Der Rechtspopulist und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage zieht erstmals ins britische Parlament ein. Der Chef der Partei Reform UK setzte sich deutlich im südostenglischen Wahlkreis Clacton-on-Sea durch.
Farage benötigte acht Versuche, um ein Mandat für das Unterhaus zu erringen. Der 60-Jährige saß jahrzehntelang für die rechte Ukip-Partei im EU-Parlament und gilt als treibende Kraft hinter dem Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens. Er wird daher auch als „Mr. Brexit“ bezeichnet.
Mit seiner überraschenden Kandidatur hat Farage die bisherige konservative Regierungspartei von rechts unter Druck gesetzt und damit zu ihrer vernichtenden Wahlniederlage beigetragen. Außer dem Parteichef zieht auch Lee Anderson für die Rechtspopulisten ins Parlament ein. Der ehemalige Vizegeschäftsführer der Konservativen war erst vor einigen Monaten zu Reform UK übergelaufen.
Vorbild ist Ex-US-Präsident Trump
Farage wandte sich noch in der Nacht in einer Videobotschaft an seine Anhänger und sprach von einem „beinahe unglaublichen Ergebnis“ für seine Partei. „Leute, das ist riesengroß.“
Farages erklärtes Ziel ist, die – mit weit mehr Abgeordneten im Parlament vertretenen – Tories durch eine konservative Bewegung unter seiner Führung zu ersetzen. Vorbild ist Ex-US-Präsident Donald Trump, mit dem der Brite nach eigenen Angaben befreundet ist.
Angesichts der innerparteilichen Streitereien bei den Konservativen werde er de facto Oppositionsführer sein, sagte Farage in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur während des Wahlkampfs.
Die Konservativen dürften tatsächlich vor einem kompletten Neubeginn stehen. Die frühere Innenministerin Suella Braverman, aussichtsreiche Kandidatin auf die Nachfolge Sunaks, spekulierte bereits über eine mögliche Aufnahme von Farage in ihre Partei.
In fünf Jahren sei auch das Amt des Premierministers im Bereich des Möglichen, gab Farage an. Ob er sich mit Trump abgestimmt hat, wollte er nicht sagen. Zu privaten Gesprächen mit dem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten äußere er sich zwar nie. „Aber er scheint ziemlich wohlwollend zu sein.“
Liz Truss verliert Sitz im Unterhaus
Die frühere britische Premierministerin Liz Truss hat hingegen ihren Sitz im britischen Unterhaus verloren. Die 48-Jährige musste sich in ihrem Wahlkreis dem Herausforderer der Labour-Partei geschlagen geben.

© Reuters/Henry Nicholls
Die konservative Politikerin ist als Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit Großbritanniens in die Geschichte eingegangen. Sie behielt die Schlüssel zum Regierungssitz 10 Downing Street nur 49 Tage lang, nachdem sie 2022 Boris Johnson beerbt hatte.
Eine Boulevardzeitung hatte damals als Scherz bei ihrem Amtsantritt einen Salatkopf neben einem Foto der damaligen Regierungschefin platziert und die Szene per Livestream ins Internet gestellt. Es ging darum, was länger währt, der Salat oder Truss als Premierministerin. Der Salat gewann.
Truss musste im Oktober 2022 zurücktreten, nachdem ihre Ankündigung massiver Steuersenkungen eine Krise an den Finanzmärkten ausgelöst hatte.
Nach ihrem Auszug aus der Downing Street rückte sie weiter ins rechtspopulistische Lager und machte eine angebliche linksliberale Verschwörung für ihr Scheitern verantwortlich. (dpa)
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